Wende zum Guten? Nachbarschaftshaus erringt Teilerfolg vor Gericht
Charlottenburg. Das Nachbarschaftshaus (NBH) am Lietzensee hat im Rechtsstreit mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales um die Einstellung der Förderung zum 30. Juni einen Teilerfolg errungen.
Mit Gerichtsentscheid vom 27. August durch die Verwaltungsgerichtskammer wird die Senatsverwaltung aufgefordert, bis zum 18. September eine tragfähige Begründung für die Einstellung der Förderung zu liefern.
Als Gründe für die Einstellung der Förderung in Höhe von zuletzt 80.000 Euro pro Jahr waren fragwürdige Besucherstatistiken, nicht nachvollziehbare Öffnungszeiten und ein schlechtes hausinternes Beschilderungssystem angeführt worden. Im Jahr 2014 hatte das NBH bereits eine Kürzung von 20.000 Euro hinnehmen müssen. Diese Begründungen hat das Gericht nun als nicht tragfähig zurückgewiesen. „Der Richter hat unmissverständlich klar gemacht, dass ihm diese Form der Begründung noch nicht untergekommen ist“, berichtet Mario Georgi, Vorstandsmitglied beim gemeinnützigen Träger Nachbarschaftshaus am Lietzensee e.V. Sollte der Senat einen Vergleich akzeptieren, würde das NBH 40.000 Euro Fördergeld für das zweite Halbjahr 2015 erhalten. Sollten der Vergleich nicht akzeptiert und keine tragfähigen Nachweise erbracht werden, dass das NBH in irgendeiner Form gegen das Zuwendungsrecht verstoßen hat, käme es zu einer Neuverhandlung.
Nachbarschaftliches Engagement
Seit 22 Jahren bemüht man sich an der Herbartstraße 25 um nachbarschaftliches Engagement. Seit 2005 war das NBH am Lietzensee offiziell eines von zwei Stadtteilzentren des Bezirks. 77 Bürger engagieren sich ehrenamtlich in Selbsthilfegruppen, Angeboten für Kinder, Musik-, Gesundheits- und Bewegungskursen, der Rechtsberatung, der Behindertenhilfe und Seniorenarbeit. Mit diesen Angeboten erreichte man 2014 rund 3800 Menschen im Monat – 45.600 im ganzen Jahr.
„Seit dem 1. Juli fahren wir ein absolutes Notprogramm“, erklärt die Geschäftsführerin Annette Tafel. Kosten mussten gesenkt, Personal entlassen werden. Darüber hinaus war der Verein gezwungen, einen Kredit in Höhe von 15.000 Euro aufnehmen, um laufende Kosten decken zu können. „Zurzeit sind wir mehr denn je auf Spenden angewiesen“, betont Annette Tafel.
Die Nutzung des Hauses mit seinen rund 850 Quadratmetern Nutzfläche ist vom Bezirk, der der Eigentümer ist, mittlerweile zum 1. Januar 2016 neu ausgeschrieben worden. Stadtrat Carsten Engelmann (CDU) habe aber versichert, dass das Haus weiterhin zur Nutzung für sozial-kulturelle Zwecke bestehen bleiben soll. In jedem Fall ist das Engagement von allen Beteiligten weiterhin riesengroß: Knapp 3700 Unterschriften wurden mittlerweile für den Erhalt des Nachbarschaftshauses und seinen Angeboten gesammelt. „Für viele Menschen ist dieses Haus in all den Jahren eine zweite Heimat geworden“, betont Georgi.
Negative Schlagzeilen
„Unser Bestreben in den vergangenen Wochen und Monaten war es, die Bürger nicht nach Hause schicken zu müssen. Aufgrund der negativen Schlagzeilen dachten einige, dass es uns schon gar nicht mehr gibt“, resümiert Annette Tafel und zeigt sich kämpferisch: „Wir wollen und werden für die Förderperiode 2016 bis 2021 definitiv einen neuen Antrag und zwar als Stadtteilzentrum stellen!“
Und weil man am Lietzensee wieder optimistischer in die Zukunft schaut, wird am Sonnabend, 19. September, auch das zehnjährige Bestehen des Stadtteilzentrums mit einem Benefiz-Sommerfest gefeiert: Ab 15 Uhr erwartet alle Besucher ein Fest mit Tombola, Schnupperkursen, einem Bühnenprogramm für Groß und Klein, Live-Musik, Tanz und vielem mehr. min
Autor:Michael Nittel aus Reinickendorf |
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