Schiedsfrau Marion Halten-Bartels beherrscht die Kunst des Schlichtens
Sie sind in Charlottenburg-Wilmersdorf Vorsitzende des BVV-Ausschusses für Beschwerden und Schiedsfrau. Woher kommt dieser Sinn für Gerechtigkeit?
Marion Halten-Bartels: Aufgrund der Erziehung. Mein Vater hat mir beigebracht, wie wichtig es ist, gerecht zu sein. Er sagte: Du sollst nicht immer meckern, sondern Lösungen entwickeln. Meckern ist leicht. Aber es besser machen - das ist schon schwieriger. Diese Bemerkung meines Vaters hat anscheinend gefruchtet.
Wie können wir uns Ihr Vorgehen als Schiedsfrau vorstellen?
Marion Halten-Bartels: Es beginnt damit, dass ein Bürger anruft und sagt, dass er gegen einen anderen Bürger eine Beschwerde vorzutragen hat und ein Schiedsverfahren starten will. Wo verhandelt wird, bemisst sich nach der Adresse des Antraggegners. Zum Beispiel gab es einen Konflikt um einen Kleingarten im Berliner Osten. Aber der Antragsgegner lebt am Kudamm. Also war ich zuständig. Es wird ein Termin vereinbart, die Kontrahenten kommen in meine Wohnung, ich koche Kaffee, lockere die Stimmung. In der Sitzung versuche ich, die Kuh vom Eis zu holen, also das Problem zu lösen. Es wird ein Protokoll geschrieben, das alle Parteien unterschreiben. Die Regelungen gelten für 30 Jahre. Man kann es sich nicht nach ein paar Monaten anders überlegen.
Was sind typische Streitthemen? Und wie sieht dabei die Lösung aus?
Marion Halten-Bartels: Oft geht es um Beleidigungen, manchmal bis hin zu Bedrohung und Verletzung. Aber auch Beschwerden gegen die Hausverwaltung oder Lärmbelästigung durch Kinder sind häufig Thema. Oder die Pflanze, die über den Gartenzaun wuchert. Im Antrag für das Verfahren muss der Initiator sagen, was er erreichen möchte. Bei einer Beleidigung ist das meist eine Entschuldigung. Dann ergründen wir, wie es zu der Beleidigung kam. Meist gibt es eine Vorgeschichte. Der Streit beginnt und steigert sich. Und schließlich sagt jemand "blöde Kuh". Meistens können wir uns auf eine Entschuldigung einigen und halten das im Protokoll fest. Aber natürlich gibt es auch Fälle, da will jemand keine Versöhnung, sondern anschließend vor Gericht, um Schadensersatz für seine kaputte Brille einzuklagen.
Wie gehen Sie damit um, wenn die Leute mit Lappalien kommen?
Marion Halten-Bartels: Ja, es ist bisweilen anstrengend. Und dann schüttelt man innerlich den Kopf darüber, was manche Leute umtreibt. Aber das darf ich nicht zu erkennen geben. Ich muss neutral und verschwiegen sein. Die Menschen sind, wie sie sind. Und ich versuche die Dinge zu regeln, ohne zu beurteilen, ob die Sache den Streit wert ist.
Welche Eigenschaften braucht eine Schiedsperson?
Marion Halten-Bartels: Man muss mit beiden Beinen im Leben stehen. Und man muss den Menschen zugewandt sein. Ich nehme die Probleme ernst und versuche, mit Gelassenheit ans Ziel zu kommen. Ich darf mich nicht provozieren lassen, auch wenn andere sticheln. Humor ist da sehr hilfreich. Manches lässt sich mit einem kleinen Spaß einfacher lösen.
Was ist der Vorzug eines Schiedsverfahrens gegenüber einem Gerichtsverfahren?
Marion Halten-Bartels: Es ist spottbillig. Wir kassieren einen Vorschuss von 35 Euro - dafür würde ein Anwalt nicht einmal Briefmarken aufkleben. In dem Betrag sind Auslagen und Gebühren an das Bezirksamt enthalten. Wenn es billiger wird, erstatte ich dem Antragsteller sogar Geld zurück. Wer die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens nicht nutzt, ist töricht. Das ist die preiswerte Alternative zu einem Verfahren mit Anwalt.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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