Anzeichen von Liebesentzug: RAW-Eigentümer muss sich gegen Kritik zur Wehr setzen
Friedrichshain. Ungewöhnlich wohlwollend haben die Mitglieder des Stadtplanungsausschusses im vergangenen November die Pläne der Kurth-Gruppe zur weiteren Entwicklung des RAW-Areals an der Revaler Straße aufgenommen.
Dass dieses Friede, Freude, Eierkuchen nicht ewig anhalten wird, war bereits damals abzusehen. Inzwischen haben sich einige Streitpunkte angesammelt, die in der Ausschusssitzung am 6. April ausgetragen wurden.
Was war passiert? Wie angekündigt, hatte die Kurth-Gruppe, der seit einem Jahr rund zwei Drittel des Geländes gehören, im Februar zum ersten Werkstattgespräch geladen. Verschiedene Akteure konnten dort ihre Meinung zum weiteren Verfahren vortragen. Dabei habe es sich aber weniger um einen offenen Dialog, als vielmehr um eine Plattform für die Interessen des Eigentümers gehandelt, so die Kritik. Manche Initiativen wären erst mit Verspätung, andere sogar gar nicht eingeladen worden wären. Auch von einer neutralen Moderation könne keine Rede sein. Zumindest als alleinige Plattform sei diese Veranstaltung nicht repräsentativ.
Schlechte Kommunikation
Zusätzlich befeuert wurde der Ärger durch schriftliche Statements der von den Kurths beauftragten Kommunikationsagentur Stöbe. Die erklärte zum Beispiel in einer Eigenwerbung, dass sie für das RAW-Gelände ein "ausgeklügeltes Kommunikations- und Partizipationskonzept" entwickelt habe. Nicht nur den Grünen Andreas Weeger brachten solche Sätze auf die Palme: "Wir wünschen uns keine Partizipationskommunikation, sondern eine Partizipation." Andere sahen in den Aussagen einen Beleg dafür, dass sie auseinander dividiert und eingelullt werden solle.
Dass ein PR-Büro, das im Auftrag des Investors handelt, eine andere Sichtweise hat als manche Akteure, ist erst einmal nicht ungewöhnlich. Außerdem wird dort betont, man habe mit der inhaltlichen Gestaltung der Werkstatt überhaupt nichts zu tun. Aber auch diese Causa zeigte, um welch sensibles Terrain es sich beim RAW-Gelände handelt.
Auch den Kurths ist das sicher nicht erst seit den jüngsten Auseinandersetzungen klar geworden. Lauritz Kurth und sein Vater Hans-Rudolf werteten die Vorwürfe vor allem als ungerecht. Sie hätten nicht nur die Dialogveranstaltung initiiert, sondern inzwischen viele Nutzer mit neuen Mietverträgen ausgestattet. Und es bleibe auch dabei, dass sie sich bei ihren Vorstellungen an den Vorgaben der BVV orientieren und deshalb zum Beispiel weiter keinen Wohnungsbau auf ihrem Teil des Areals planen.
Bauvoranfrage für Radsatzdreherei
Stattdessen haben die Eigentümer inzwischen eine Bauvoranfrage für die ehemalige Radsatzdreherei auf der Südseite des Geländes gestellt. Dort sollen Studios und Unterrichtsräume für einen Anbieter aus der Musikbranche entstehen, für weitere Flächen interessiere sich eine Bildungseinrichtung. Die Kurths wollen vor allem deshalb schnell Klarheit, ob der Umbau realisiert werden kann, weil sich das Gebäude in einem maroden Zustand befindet. Das Dach müsse dringend erneuert werden. Investieren würden sie allerdings nur, wenn zuvor die spätere Nutzung klar sei. "Wir können das Gebäude auch abreißen, wenn Sie das wollen", meinte Hans-Rudolf Kurth.
Das scheint aber ebenfalls nicht im Sinn der Bezirkspolitik zu sein. Für die Arbeiten an der Radsatzdreherei wird es wohl eine Genehmigung geben.
Was das weitere Verfahren betrifft, wird verlangt, neben den Werkstattgesprächen weitere Formen der direkten Beteiligung zu schaffen. Hier gibt es bereits die Forderung nach einem "Runden Tisch", der auch von der BVV unterstützt wird. Dort soll es nicht zuletzt um die Zukunft der soziokulturellen Projekte gehen.
Der Runde Tisch war zu Beginn des Jahres vom Five-O-Konsortium angeregt worden. Five-O betreibt die Skatehalle und den Kletterkegel, außerdem den Club Cassiopeia und einen Biergarten. Für die Skater und Kletterer wurde vom Eigentümer weiter ein langfristiger und günstiger Mietvertrag zugesichert, nicht aber für den Club und das Freiluftlokal (wir berichteten). Bei beiden handle es sich um rein kommerzielle Unternehmen, die keine Subventionen benötigen, argumentieren die Kurths. Nur mit deren Gewinnen könnten aber die anderen Angebote querfinanziert werden, kontert Five-O-Chef Tobias Freitag.
Insgesamt gehe es um "Verhandlungen auf Augenhöhe", war immer wieder zu hören. Ein Ergebnis scheint die Debatte inzwischen gebracht zu haben: Das für Ende Mai geplante zweite Werkstattverfahren soll für alle offen sein. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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