Demos gegen Flüchtlingsheim werden auch von der NPD organisiert

Köpenick. Seit Oktober 2014 hat es rund 20 Demonstrationen gegen ein neues Asylbewerberheim im Allende-Viertel gegeben. Ein Teil der Aufzüge wurde von NPD-Funktionären organisiert.

9. Januar kurz nach 20 Uhr. Die Demonstration der Heimgegner kommt die Müggelheimer Straße herunter, begleitet von Polizeibeamten. An der Front des Aufzugs ein Plakat in typischer NPD-Art mit der Aufschrift "Berlin wehrt sich gegen Asylmissbrauch". Unter den rund 100 Teilnehmern sind viele junge Leute. Die Stimmung ist aggressiv, manche Demonstrationsteilnehmer verdecken ihre Gesichter, brüllen "Lügenpresse auf die Fresse" und zeigen den Stinkefinger. Nur wenige Leute mit Kindern, vermutlich echte Anwohner, laufen mit.

"Als organisierte rechtsextremistische Struktur tritt die NPD im Zusammenhang mit den Protesten gegen Flüchtlingsunterkünfte auf. Bei den Anmeldergesprächen (bei der Polizei d. Red) erschienen Personen, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, in einem Fall war ein NPD-Funktionär bei einem solchen Gespräch zugegen", teilt Andreas Statzkowski von der Senatsverwaltung für Inneres auf eine Anfrage von Abgeordnetenhausmitglied Tom Schreiber (SPD) mit. Schreiber ist Spezialist für Rechtsextremismus in Berlin, sitzt im Verfassungsschutzausschuss. Er hatte auch eine Anfrage zu den Betreibern der Facebookseite "Nein zum Heim in Köpenick" gestellt. Daraufhin teilte Statzkowski mit, dass die Betreiber anonym agieren, die Seite aber einem rechtsextremistischen Netzwerk zugeordnet wird. Nach Aussage des Senats hat es bereits Strafanzeigen wegen politischer Äußerungen auf der Seite gegeben. Was vom Wahrheitsgehalt dort verbreiteter Infos zu halten ist, beweist das Gerücht um die Schließung eines Supermarkts im Allende-Viertel, weil die Zahl der durch Flüchtlinge verübten Diebstähle stark angestiegen sei. Weder gab es mehr Diebstähle, noch stand die Schließung jemals zur Debatte.

"Die NPD hat sich bewusst das Allende-Viertel ausgesucht, spielt dort mit Ängsten der Anwohner. Die Demos sind nicht mehr nur von der NPD unterwandert, sondern zum Teil von ihr organisiert", sagt Tom Schreiber.

Starker Tobak

Ein Kommentar von Ralf Drescher

Eigentlich wollte ich mir das nicht antun: die Demonstration der selbst ernannten Ordnungshüter und Heimgegner. Durch Zufall, ich hatte gerade eine andere Veranstaltung besucht, stand ich mit Freunden dann doch am Straßenrand. Und was ich da erlebt habe, war schon starker Tobak. Wessen Geistes Kind sind Demonstranten, die mich - ein anderer Journalist war nicht in Sicht - als Lügenpresse beschimpfen und den Stinkefinger zeigen? Normalerweise wird man für Letzteres, denn es ist eine Beleidigung, vor Gericht zur Verantwortung gezogen.

Und was sind das für vermutlich echte Anwohner, die zu einer solch aggressiven Demonstration, die gar keinen Sinn macht, sogar ihre Kinder mitnehmen?

Das Heim wurde mit Millionenaufwand gerade erst errichtet, ist inzwischen gut gefüllt und wird sicher nicht abgerissen, weil es ein paar Allende-Viertler und vermutlich mehr extra angereiste Demonstranten so wollen.

Die Anwohner, die sich trotz des umstrittenen Standorts um die Flüchtlinge kümmern und für sie Kleidung und Hausrat sammeln, verdienen hingegen meinen Respekt.

Ralf Drescher / RD

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 672× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.340× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 997× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.440× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.342× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.