Autokonzern Daimler zieht ins ehemalige Warenhaus Jandorf
Nach fast 30 Jahren Leerstand bekommt das imposante Jugendstilgebäude mit der auffälligen Turmhaube an der Ecke Brunnen- und Veteranenstraße einen neuen Nutzer. Der Autokonzern Daimler hat einen langfristigen Mietvertrag unterzeichnet.
Schwarze Mercedes-Limousinen stehen regelmäßig vor dem denkmalgeschützten Kaufhaus am Weinbergspark. Der Shuttleservice bringt zum Beispiel bei der Mercedes-Benz Fashion Week Gäste zu den Edelschneidern, die im Warenhaus Jandorf ausstellen. Das seit Jahrzehnten leerstehende und bis auf die Pfeiler entkernte Warenhaus ist ein beliebter Veranstaltungsort für Messen und Präsentationen. Das Morbide mit den blanken Betonwänden und Stahlträgern und der abgeplatzten Farbe an den Decken macht den coolen Charme aus. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Bundestagswahlkampf 2017 dort, weil die CDU im beeindruckenden Erdgeschoss ihr „begehbares Wahlprogramm“ installiert hatte.
Zukünftig könnte der Autokonzern Daimler dort seine neuesten Modelle und Innovationen rund um das Thema Mobilität präsentieren. Ob das Kaufhaus und spätere DDR-Modeinstitut der neue Mercedes-Showroom wird, wollte Daimler-Sprecherin Silke Walters nicht verraten. „Wir haben ja einen schönen Showroom in Berlin Unter den Linden“, sagte sie. Derzeit will sich Daimler nicht konkreter zu den Plänen äußern. Walters bestätigte aber, dass die Daimler AG einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen hat. Im einstigen „Haus der Mode“ könnten auch Büroarbeitsplätze entstehen.
Umbau hat begonnen
Das imposante Gebäude ist derzeit komplett eingerüstet, die Umbauarbeiten sind in vollem Gange. Arbeiter reißen den Estrich auf den Etagen raus. Die Treppengeländer und Emporen sind eingehaust. Auf dem Dach rund um den Turm verlegen Dachdecker neue Ziegel. Der Besitzer Jacob Schultz, der den Sitz des früheren DDR-Modeinstituts 1993 von der Treuhand gekauft hat, hatte schon viele Pläne mit dem Gebäude. Ursprünglich wollte der Frankfurter Hotelier das 1904 als „Warenhaus am Weinberg“ bekannt gewordene Kaufhaus zum Hotel oder Konferenz-Zentrum ausbauen. In einem extra zu Werbezwecken von ihm herausgegebenen Buch zum „Büro- und Geschäftshaus am Weinberg“ ging er noch von einer Fertigstellung 1997 aus.
Jacob Schultz hat Mitte der 1990er-Jahre mehrere Millionen Euro in die Sanierung des berühmten Warenhauses Jandorf gesteckt und Fassade und Dach im einstigen „Haus der Mode“ restauriert. Aus dem Bürocenter wurde nichts, genauso wenig wie aus einem noblen Shoppingcenter. Die Idee wurde nach dem Bau des Gesundbrunnen-Centers wenige Kilometer weiter nördlich und dem Ladenboom am Alexanderplatz verworfen. Das Gebäude mit seinem riesigen Lichthof gilt als schwierig für eine andere Nutzung. Es wurde schließlich für eine Kaufhausnutzung konzipiert. Hotelbetreiber wollen meistens mehr als die maximal möglichen 100 Zimmer. Noch vor zehn Jahren hofften die Vermarkter, dass große Modefirmen und Fashionlabels Interesse an dem einzigartigen Haus mit der passenden Modegeschichte haben, wie die Eigentümer damals der Berliner Woche bei einer Führung sagten. Das Haus liegt strategisch günstig im hippen Mitte, unweit der Modemeile am Hackeschen Markt und dem seinerzeit von der Degewo geplanten Outletcenter auf der nördlichen Brunnenstraße in Wedding. Doch aus den Degewo-Plänen wurde nichts, genauso wenig wie aus einem Jandorf-Flagshipstore oder einem Nobel-Lebensmittelladen mit hochwertigen mediterranen Produkten, so eine andere Idee. Jetzt hat Daimler zugeschlagen und will dem alten Warenhaus neues Leben einhauchen.
Vom Warenhaus zum Autopalast
Das Haus an der Brunnenstraße wurde 1904 vom Kaufmann Adolf Jandorf nach Plänen der Architekten Lachmann & Zauber erbaut. Jandorf gehörte neben Oscar und Hermann Tietz sowie Georg Wertheim zu den Pionieren, die als erste Einkaufspaläste nach amerikanischem Vorbild errichteten. Das Gebäude wurde in den 20er-Jahren vom Kaufhauskonzern Tietz übernommen und blieb im Zweiten Weltkrieg vor Zerstörungen weitestgehend verschont. 1955 zog das Modeinstitut der DDR in die Brunnenstraße. Bis zur Wende entwarfen dort Schneider den neuesten Schick der Arbeiterklasse. 1989 wurde das „Haus der Mode“, in dem es neben Produktion auch Mode-Vorführungen und Ausstellungen gab, abgewickelt und an die Treuhand übertragen. Jacob Schultz hat Dach und Fassade des Baudenkmals bereits saniert. Unter dem früheren „Haus der Mode“ – zu DDR-Zeiten über die Grenzen Berlins hinaus bekannter Name für das Ex-Kaufhaus – gibt es eine Tiefgarage mit 25 Pkw-Plätzen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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