Brigitta und Annika Varadinek vom Verein Bantabaa helfen Flüchtlingen vom Görlitzer Park
Kreuzberg. Statt Drogen zu verkaufen, können Flüchtlinge aus Schwarzafrika in einem Verein eine Cateringausbildung machen, Deutsch lernen und sich so eine Zukunft aufbauen. Leonie Gehrke vom Spendenportal betterplace sprach darüber mit Brigitta Varadinek und ihrer Tochter Annika vom Verein Bantabaa.
Wie kam es zu Eurem Projekt?
Brigitta: Meine Tochter und ich wohnen im gleichen Haus in der Falckensteinstraße. Wir sind immer im Görlitzer Park mit den Hunden spazieren gegangen. Da gibt es bekanntlich viele Flüchtlinge aus Schwarzafrika, die dort mit Drogen dealen.
Annika: Am Anfang waren das nur ein paar Dutzend. Später wurden es Hunderte. Als dann auch noch viele der Jungs anfingen, im Park zu schlafen, weil sie nicht wussten, wo sie hin sollten, haben wir beschlossen, etwas zu tun.
Brigitta: Es fing an mit einem kleinen Jungen, der im Winter frierend vor uns stand. Er erzählte uns, dass er aus einer sehr armen Familie in Gambia stammt und nie zur Schule gegangen ist. Jetzt ruht die ganze Hoffnung der Familie auf ein besseres Leben auf seinen Schultern. Denn er soll Geld in die Heimat schicken. Hier will aber niemand etwas mit ihm zu tun haben. Wir erfuhren auch, dass der Verkauf von Drogen eigentlich nicht mit seinem Glauben vereinbar sei und dass er in einer besetzten Schule wohnte, die jetzt geräumt worden ist.
Annika: Wir konnten ihn unmöglich dort lassen. So habe ich ihn zu mir mit nach Hause genommen und bei mir schlafen lassen. Er hat mir morgens immer einen aufgeschnittenen Apfel und einen Tee hingestellt. Er wollte sich auch sonst nützlich machen. So kamen wir auf den Gedanken, für diese Menschen einen Rückzugsort zu schaffen, wo sie fern der Kriminalität Stück für Stück ein neues Leben beginnen können.
Brigitta: Dazu haben wir einen Verein gegründet, der zunächst Deutsch- und Integrationskurse, Rechtsberatung, medizinische Versorgung und Hilfe bei Alltagssorgen angeboten hat. Wir haben unseren Verein Bantabaa genannt, das bedeutet Treffpunkt auf Mandinka, einer westafrikanischen Sprache.
Hattet Ihr keine Angst? Schließlich sind das völlig Fremde und Drogendealer!
Annika: Jede Frau, die durch den Görlitzer Park gelaufen ist, wurde schon mal von der Seite angesprochen. Das ist deren Art, Kontakt zu suchen. Wir beide bekommen aber sehr viel Respekt für das, was wir tun. Wir lassen auch einige der Flüchtlinge bei uns oder in einem Apartment wohnen. Es ist nie etwas weggekommen. Drogen sind außerdem tabu. Das klappt ganz gut.
Was macht Ihr mit den Jungs, außer Ihnen eine Herberge zu geben?
Brigitta: Da wir immer wieder gefragt wurden, ob wir Arbeit hätten, haben wir überlegt, wie wir die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren können. Dabei waren zwei Probleme zu lösen: keine Ausbildung und eine fehlende Arbeitsgenehmigung. Aus diesem Grund haben wir den Cateringservice aufgebaut. Das bot sich an, weil Annika in der Falckensteinstraße ein Café betreibt. Da nur die Flüchtlinge, die in einem Asylverfahren sind, legal arbeiten dürfen, haben auch nur diese einen Arbeitsvertrag bei uns. Die anderen sind in einem Bildungsprojekt des Vereins. Die Bantabaa-Kitchen übernimmt im Auftrag des Vereins die praktische Ausbildung in der Küche.
Was hat Euch Euer Engagement persönlich gebracht?
Brigitta: Ich bin froh, dass Annika etwas gefunden hat, was ihr Spaß macht und wo sie ihr Talent für das Organisieren und Netzwerken einbringen kann.
Annika: Die Arbeit mit den Jungs hat mich dazu gebracht, meine Weltanschauung etwas zu relativieren. Ich lerne, gelassener mit Dingen umzugehen und kann Momente viel besser genießen. Die afrikanische Kultur lehrt eine wunderbare Leichtigkeit.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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