Hain am Güterbahnhof Moabit erinnert an die Deportation tausender Juden

Hier ist Millimeterarbeit gefragt: Mitarbeiter einer Fachfirma setzen eine der 24 Waldkiefern am neuen Gedenkort in Moabit. | Foto: KEN
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Moabit. Fast drei Jahrzehnte nach der Wende nimmt ein Moabiter Gedenkort für den Holocaust endlich Gestalt an. Am 19. und 20. April wurden auf einem 250 Quadratmeter großen Areal zwischen Quitzow- und Ellen-Epstein-Straße 24 Kiefern gepflanzt.

Ein Stück verwilderte Wiese, Hundekot, sinnlos hingepflanzte Linden, ein zugewachsenes Stück Gleis, ein gepflasterter Weg, eingekeilt zwischen zwei Großmärkten und einer Umfahrungsstraße: Das war vom größten Deportationsbahnhof Berlins, Teil der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie, übrig geblieben.

Zwischen 1942 und 1944 gingen von dort 34 Transporte in die Ghettos und Vernichtungslager im Osten ab. Mehr als 32 000 jüdische Menschen wurden vom Sammellager, der ehemaligen Synagoge an der Levetzowstraße, durch halb Moabit zu den bereitstehenden Waggons getrieben.

Nun entsteht an diesem einst so schrecklichen und nach dem Krieg vergessenen Ort ein Hain. Die Kraftanstrengungen, die dazu notwendig waren, haben vornehmlich engagierte Bürger – und hier muss vor allem die Moabiter Initiative „Sie waren Nachbarn“ genannt werden –, die jüdische Gemeinde, Journalisten und Historiker unternommen. Sie wurden nicht müde, von Senat und Bezirk einen würdigen Gedenkort zu fordern.

Lotto gibt Geld

Der Entwurf für den Gedenkort, der bis zum Sommer umgesetzt wird, stammt von „raumlaborberlin“. Das Künstlerkollektiv hat 2016 den nicht offenen, von der damaligen Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten ausgelobten Kunstwettbewerb gewonnen. Für den Bau der Anlage sind 130 000 Euro veranschlagt, finanziert aus Mitteln der Lottostiftung.

Zentrales Merkmal des Gedenkortes sind 24 Waldkiefern. Die Nadelbäume sind bereits bis zu 25 Jahre alt und sieben Meter hoch. Nach 30 Jahren sollen sie eine Höhe von bis zu 35 Metern erreichen und ihre Äste weit über den eigentlichen Gedenkort ausgreifen.

Weiterhin werden der ehemalige Deportationsweg, ein Fragment des Gleises 69, von dem die Züge abfuhren, sowie Überreste der Militärrampe herausgearbeitet. Die Rampe steht seit dem vergangenen Jahr unter Denkmalschutz und läuft unter dem Parkplatz des benachbarten Discounters Lidl weiter. Inwieweit sich der Filialist engagiert, ist noch ungeklärt.

Tafeln an der Quitzow- und der Ellen-Epstein-Straße informieren über den Weg der Deportierten durch Moabit zum Güterbahnhof, zitieren Zeitzeugen, beschreiben die Deportationen und den Umbau des Güterbahnhofs zum Gewerbegebiet nach der Wiedervereinigung. Vorgesehen ist auch eine Darstellung der ursprünglichen Gleisanlage.

Thomas Abel von der Initiative „Sie waren Nachbarn“ spricht ein großes Lob den Schülern der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule aus, die sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengefunden haben, um die Geschichte des Holocausts aufzuarbeiten. In das Projekt wird auch die von vielen Rückschlägen gekennzeichnete Entwicklung des Gedenkortes und das Engagement der Akteure aus dem Kiez einbezogen. KEN

Hier ist Millimeterarbeit gefragt: Mitarbeiter einer Fachfirma setzen eine der 24 Waldkiefern am neuen Gedenkort in Moabit. | Foto: KEN
Der Senat hat es auf den Weg gebracht, die Lottostiftung hat es bezahlt und der Bezirk hat die Ehre: Kulturstadträtin Sabine Weißler (Grüne), rechts im Bild, bei der Pflanzung der ersten Waldkiefer. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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