Britzer Initiative fordert Erhalt ihres Traditionslokals "Gletscher"
Britz. Die Britzer wollen den Abriss des Traditionslokals „Gletscher“ nicht hinnehmen. Sie haben einen offenen Brief an das Bezirksamt und die Bezirksverordneten geschrieben und fordern, das Gebäude zu retten.
Wie berichtet, ist das Haus an der Ecke Alt-Britz und Fulhamer Allee vor zwei Jahren von einem Brand schwer beschädigt worden. Seitdem sind die Fenster vernagelt, durch das stellenweise undichte Dach dringt Wasser ein, die Tür ist kürzlich aufgebrochen worden.
Laut Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) erwägt der Privateigentümer, hier Wohnungen zu errichten. Einen Abriss des alten Gebäudes könne er nicht verbieten, weil es nicht unter Denkmalschutz stehe.
Genau das versteht Lothar Wolf, Sprecher der Initiative „Wohnen in Nachbarschaft – Britz“ nicht: „Direkt nach dem Brand habe ich mich an die Untere Denkmalschutzbehörde im Bezirksamt gewandt und auf die historische Bedeutung des Gletschers hingewiesen. Passiert ist nichts.“
Er erwartet „mehr Biss und Einfallsreichtum“ von den zuständigen Politikern. In seinen Augen ist der Gletscher von herausragender lokal- und sozialhistorischer Bedeutung. Die Gaststätte gibt es schon seit dem 18. Jahrhundert und sie ist mit vielen Geschichten verbunden. So erhielten hier die Tagelöhner des angrenzenden Gutes ihren Lohn, von dem sie oft ein Gutteil sofort in Bier umsetzten. Vor dem Ersten Weltkrieg war die Schenke das Ziel vieler Ausflügler, die „Rosenbritz“ besuchten und sich hier an Schinkenstullen und der selbstabgezogenen Berliner Weiße gütlich taten. Generationen von Britzern feierten hier Familienfeste.
„Der Gletscher ergänzt das denkmalgeschützte Ensemble von Schloss, Gutshof, Kirche, Pfarrhaus und Dorfschule“, so Wolf. Das Gebäude stehe zudem an einem städtebaulich besonders markanten Punkt – am Fuße der leicht ansteigenden Fulhamer Allee.
Wolf und seine Mitstreiter haben eine Prioritätenliste: Am liebsten sähen sie es, wenn die Gaststätte samt Biergarten wieder aufgebaut und als Lokal genutzt würde. Zweite Option: Das Gebäude wird nach historischen Vorbild saniert und danach anders genutzt, zum Beispiel als Wohnhaus. Auf der Freifläche daneben könnten kleinere Neubauten entstehen. Schließlich könnte sich Wolf auch vorstellen, dass der Bezirk das Grundstück erwirbt, das Haus auf Vordermann bringt und es selbst nutzt, etwa als Kita. Vor allem aber sollten die Verantwortlichen endlich eine Aufnahme in die Denkmalliste beantragen. „Dann wäre das Gebäude erst einmal gesichert.“
Ob der Vorstoß der Initiative im Bezirksamt auf offene Ohren stößt, ist ungewiss. Eine diesbezügliche Nachfrage der Berliner Woche blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Eine Kuriosität am Rande: Die älteste Britzer Gaststätte, der Buschkrug, ist bereits 2001 abgerissen worden. Mehr als 600 Jahre stand er an der Ecke Buschkrugallee und Späthstraße, bis es einer neuen Straßenverbindung nach Treptow weichen musste. Der „Britzer Heimatbote“ tröstete damals seine Leser: „Wichtig ist, dass den Britzern wenigstens einer der ganz alten Gasthöfe erhalten geblieben ist. Es ist der Gletscher.“ sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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