Mateos Monster: Die Galerie an der Herrfurthstraße verlässt niemand ohne Lächeln
Neukölln. Fast jeder, der an der kleinen Galerie „Scallywag“ (zu Deutsch: Halunke) in der Herrfurthstraße 10 vorbeikommt, bleibt stehen und wirft einen Blick ins Schaufenster. Es wimmelt dort von seltsamen Wesen. Geschaffen hat sie der Künstler Mateo Dineen.
Ein blauer Zottel räkelt sich genussvoll in der Badewanne, die Augen hat er nicht geschlossen, sondern einfach beiseite gelegt. Ein kleines Mädchen steht halb ratlos, halb unglücklich vor dem Elternhaus. Grund ist das neue Haustier, das die Kleine an der Leine hält: ein riesiges Monster. Der Titel: „I wanted a cat – Ich wollte eine Katze.“
Er sei mit dem Bleistift in der Hand auf die Welt gekommen, sagt Mateo, und Monster hätten ihn immer fasziniert. Also zeichnete er, wo er ging und stand. „Kinder sind frei, ohne Verantwortung, und können in ihrer Phantasiewelt leben. Ich habe früh gemerkt, dass ich das nicht aufgeben möchte.“
Sein Weg führte ihn auf das „Academy of Art College“ in San Francisco. Bald wurde ihm klar, dass nicht nur Talent, sondern auch Disziplin zählt. Während er in den Ferien feiern ging, arbeiteten andere weiter – und überholten ihn. „Mein Stolz war verletzt, also lernte ich, auch mal nein zu Partys zu sagen und zu üben, üben, üben“, so Mateo. Schließlich stand für ihn fest: „Die Kunst soll Priorität in meinem Leben haben. Ich bin Künstler!“ Diese Entscheidung sei wesentlich gewesen, sie gebe ihm auch heute die Kraft, immer wieder gegen seine Faulheit und Bequemlichkeit anzukämpfen.
Oft arbeitet er spät in der Nacht, dann kann er besser loslassen. „Wenn ich zeichne, bin ich aus der Zeit gefallen, das ist wie Meditation“, sagt Mateo. Er glaubt, jeder brauche so etwas, das könne auch Tanzen, Stricken oder Yoga sein.
Mateo malt vor allem mit Acrylfarben auf Holz, zum Beispiel auf Deckeln von Kisten und auf Koffern, die er auf Flohmärkten findet. Er mag es, alte Papiere einzuarbeiten – Liebesbriefe aus den 1940er-Jahren, Zeitschriften, Architektenpläne. Die Schrift oder ein Stempel schimmern dann auf den Gemälden durch. „Das ist echte Geschichte, und Struktur und Haptik der historischen Materialien sind sehr schön.“
Apropos: In seinem Atelier finden sich auch alte Landschaftsbilder, die vermutlich einmal kleinbürgerliche Wohnzimmer zierten. Mateo macht Neues daraus – er lässt ein haariges Monster im Gebirgssee baden oder auf einem romantischen Waldweg wandeln. Die Wirkung ist phänomenal.
Meistens fertigt Mateo Skizzen an, bevor er zur Farbe greift. Vieles wird wieder verworfen, ab und zu entdeckt er erst während des Zeichnens, was sich entwickelt. Er schöpft aber nicht nur aus sich selbst. Denn das normale Leben dürfe nicht zu kurz kommen: „Ich finde meine Inspiration in Büchern, beim Konzert, im Aquarium, auf Reisen, beim Treffen mit Freunden.“ Oder beim Schwangerenkurs. Dort wunderte sich Mateo über das Wort Gebärmutter – und zeichnete einen frohen Petz mit Baby auf dem Arm. Titel: „Der Bärmutter“.
Sein Sohn ist jetzt drei Jahre alt, und, wen wundert’s: Er greift regelmäßig zu Buntstiften. Der Vater staunt: „Das ist toll, was er macht. Das ist komplett frei. Dagegen sind meine Zeichnungen so kontrolliert und gerade.“
Es ist 13 Jahre her, dass der heute 45-Jährige nach Berlin kam, mit seiner deutschen Freundin, die er in Kalifornien kennengelernt hatte. Schon bald mietete er einen Stand auf dem Flohmarkt am Boxhagener Platz und traf den seelenverwandten Künstler Johan Potma, mit dem er fortan viele Projekte machte und macht. Beide entwickeln jedes Jahr einen Monster-Kalender – einige Exemplare sind noch zu haben. Sechs Motive der beiden sind als Puzzle erschienen.
Wer sich für eines seiner Gemälde interessiert: Die meisten kosten zwischen 1000 und 3000 Euro. Für einen DIN A4-Druck ist ein Fünfer, für einen DIN A3-Druck ein Zehner zu zahlen, die limitierten Kunstdrucke im Originalformat sind ab 170 Euro zu haben. Die „Skallywag Gallery“ ist in der Regel werktags von 14 bis 19 Uhr, am Wochenende von 12 bis 19 Uhr geöffnet. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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