Neuköllnkenner Reinhold Steinle: "Heimat ist für jeden etwas anderes"
Neukölln. Vor fast 30 Jahren kam der Mann nach Berlin, der heute unter dem Künstlernamen Reinhold Steinle bekannt ist. Im Schillerkiez wohnte er bis 2005, jetzt lebt der Schwabe in Schöneberg. Seine Heimat ist aber Neukölln geblieben, wo er seit 2008 Führungen anbietet.
Bei strahlendem Sonnenschein sitzt er vor dem Café Selig auf dem Herrfurthplatz und genießt die Stille. Diesen Platz mag Reinhold Steinle besonders. Sein Markenzeichen bei den Stadtführungen, die braune Aktentasche mit roter Gerbera, hat er auch heute dabei. Im Schillerkiez fühlt sich der Schwabe, der Ende der 80er-Jahre nach Berlin kam, ganz besonders daheim. Hier fand er seine erste Bleibe.
„Was mich an Neukölln fasziniert, ist die Vielfalt zwischen Chic und Trödel, zwischen angesagt und out. Hier kann jeder herumlaufen, wie er will. Oder auch mit zwei Papageien auf dem Fahrrad herumfahren“, sagt der 53-Jährige. Diese Faszination hält bis heute an, obwohl der Schwabe nach Schöneberg zog. Dort sei es auch schön, findet er. Aber Stadtführungen würde er dort nicht machen. Die bot er erstmals 2004 zu den 48-Stunden-Neukölln im Schillerkiez an.
Seit 2008 führt er seine Gäste in schwäbischer Mundart durch ausgesuchte Straßen, Geschäfte, Galerien und Plätze in Neukölln. Mit einer gehörigen Prise Humor erklärt er Geschichte und Entwicklungen rund um Richardplatz, Reuterkiez, Schillerkiez, Körnerpark, Karl-Marx-Straße, Rollbergviertel und das schöne Alt-Britz. Dabei erklärt er nicht nur die Schokoladenseiten des Bezirks. Auch auf der Straße abgestellten Sperrmüll kommentiert er gern mal. In seinen selbst ausgearbeiteten Führungen möchte Reinhold Steinle etwas von dem Bild vermitteln, das ihn so fasziniert. „Sie sind ein Botschafter für Neukölln!“ war das schönste Lob, das ich je bekam“, sagt er. Jetzt wollen auch immer mehr Schulklassen „das andere Neukölln“ kennenlernen. „Ich finde es toll, dass sich Kinder, deren Eltern größtenteils aus ganz anderen Ländern stammen, für preußische Könige interessieren“, sagt er. Insofern vermittle er den Kindern auch ein Stück Heimat. Für ihn selbst bleibt Neukölln die Heimat, die er weiterhin gern entdecken möchte. „Heimat ist für jeden etwas anderes. Für mich ist ganz wichtig, dass man sich selbst auch eine Heimat ist.“ SB
Autor:Sylvia Baumeister aus Neukölln |
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