Ausgebildet, um zu helfen: Dreizehn neue Stadtteilmütter sind im Bezirk unterwegs

Mit Schal und Urkunde: Die neuen Stadtteilmütter stammen aus neun unterschiedlichen Ländern. | Foto: Schilp
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Neukölln. Ihr Erkennungszeichen ist der rote Schal: Dreizehn frischgebackene Stadtteilmütter konnten am 2. Mai im Rathaus ihre Zertifikate entgegennehmen. Sie werden nun in Migrantenfamilien im Bezirk unterwegs sein, um sie zu unterstützen.

Die Frauen stammen aus der Türkei, Bulgarien, aus dem Irak, dem Libanon, aus Ägypten, Syrien, Tunesien, Mazedonien und Polen. Vier Monate lang wurden sie beim Diakoniewerk Simeon, dem Projektträger, geschult. Sie haben viel über Gesundheit, Ernährung, Bildung und Kindererziehung gelernt und wissen, wo Familien Hilfe bekommen und wie sie sich Wege durch den Behördendschungel bahnen können.

„Sie sind sehr, sehr wichtig für den Bezirk“, sagte Bürgermeisterin Franziska Giffey bei der Zertifikatsübergabe. „Sie können wie eine Freundin oder gute Nachbarin mit den Eltern in ihrer Muttersprache reden, anders als wir das können.“ Das fange bei scheinbar einfachen Dingen an: Warum ist eine Kita sinnvoll? Warum ist es wichtig, Kindern vorzulesen und viel mit ihnen zu sprechen?

„Fast alle Eltern wollen das Beste für ihre Töchter und Söhne. Aber auch eine Rechtsanwaltskarriere fängt mit der täglichen Gute-Nacht-Geschichte an“, so die Bürgermeistern. Aber die Neuköllner Realität sehe leider noch immer traurig aus: 60 Prozent der Schulanfänger wiesen Entwicklungsverzögerungen oder Sprachdefizite auf.

Daran wollen die Stadtteilmütter etwas ändern. Sie gehen in Kitas, Schulen, auf Spielplätze und sprechen dort mit Eltern. „Manchmal melden sich auch Erzieherinnen oder Mütter direkt bei uns und bitten um Unterstützung“, erklärte Maria Macher, Projektleiterin beim Diakoniewerk Simeon.

Seit 2004 gibt es die Stadtteilmütter in Neukölln. Seitdem wurden über 400 Frauen ausgebildet, die vorher arbeitslos waren und nach ihrer Schulung zwei Jahre im Einsatz sind. Sie haben bisher mehr als 10 000 Familien besucht. Derzeit sind etwa 75 Stadtteilmütter im Einsatz. Finanziert werden sie vom Jobcenter, dem Bezirksamt und dem Senat.

„Sie sind bekannt und geschätzt, deshalb fördern wir das Projekt auch in diesem Jahr mit 250 000 Euro“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke), die zur Zertifikatsübergabe ins Neuköllner Rathaus gekommen war. Sie hält Stadtteilmütter für wichtig, „gerade in Kiezen, wo die Menschen wenig Geld haben“. Die vorrangige Aufgabe sieht auch sie darin, Familien zu erklären, dass eine gute Ausbildung das A und O ist. „Wichtig ist zum Beispiel auch, ihnen Beratungen zu vermitteln, wenn sie ihre Miete nicht mehr zahlen können.“

Nicht nur Familien profitieren von den Stadtteilmütter, auch sie selbst haben sich verändert. Alle bedankten sich ausdrücklich für die Ausbildung. „Ich habe so viel gelernt und fühle mich jetzt bereit, mein Wissen zu teilen“, sagte eine der Frauen. Eine andere erzählte, ihr Sohn sei sehr stolz auf sie und wolle sie am liebsten bei ihren Hausbesuchen begleiten. Eine dritte meinte: „Früher konnte ich nicht einmal ohne Begleitung zum Jobcenter gehen, weil ich das Ganze nicht verstanden habe. Das war schwer, denn ich habe hier keine Familie. Jetzt habe ich eine große Familie gefunden.“

Franziska Giffey äußerte noch einen Wunsch: „Es wäre toll, wenn Stadtteilmutter zu einem anerkannten Beruf würde. Wir werden nicht müde, dafür zu arbeiten. Es ist doch sinnvoll, Familien zu helfen, die in ein fremdes Land kommen.“ sus

Kontakt: Stadtteilmütter-Projekt beim Diakoniewerk Simeon,  902 39 41 85, stadtteilmuetter@diakoniewerk-simeon.de

Mit Schal und Urkunde: Die neuen Stadtteilmütter stammen aus neun unterschiedlichen Ländern. | Foto: Schilp
Die Taschen bieten Platz für Info-Material – und für Zahnputzbecher. | Foto: Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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