Blockiert Stadtrat Bezug von Seniorenwohnungen?
Der Verein „MoRo Seniorenwohnanlagen“ schlägt Alarm: Die Vorsitzende Silvia-Fee Wadehn wirft dem Bezirksamt vor, die Belegung von freien Sozialwohnungen zu verhindern. Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) wehrt sich gegen diese Kritik.
Hintergrund: An der Rollbergstaße vermietet die „Stadt und Land“ gut hundert Ein- bis Zweizimmerwohnungen an ältere Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS). Die Gesellschaft arbeitet eng mit dem Verein MoRo zusammen, der die Mieter im Alltag unterstützt, sie beispielsweise zum Arzt begleitet oder für sie einkauft.
Jetzt stünden einige Wohnungen leer, obwohl es genügend Interessenten für sie gebe, moniert Wadehn. Eine Bewerberin sei Elfriede M., eine Transsexuelle, fast vollständig erblindet, die in ihrem jetzigen Umfeld so sehr beleidigt und bedroht werde, dass sie sich nicht mehr alleine vor die Tür traue. Stadtrat Biedermann kennt den Fall. Das Problem sei, dass Frau M. einen WBS für eine Person und damit nur für ein Zimmer habe.
Die in Frage kommende Wohnung sei zwar nur 45 Quadratmeter groß, habe aber zwei Räume. Deshalb dürfe Frau M. sie laut geltender Vorschrift nicht beziehen. „Ich persönlich finde diese Regelung unsinnig, man kann ja nicht erwarten, dass ein älterer Mensch in einer so engen Bleibe eine WG aufmacht.“
Glücklicherweise sei aber eine Änderung in Sicht. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) will, dass ein WBS für eine Person künftig wieder zum Bezug einer Wohnung bis zu 50 Quadratmetern Größe berechtigt, unabhängig von der Zimmeranzahl. „Der Rat der Bürgermeister hat schon zugestimmt, ich rechne noch in diesem Monat mit einem Beschluss im Abgeordnetenhaus“, so Biedermann. Dann wäre für Elfriede M. der Weg ins neue Zuhause frei.
Es gibt einen zweiten Fall, der Silvia-Fee Wadehn Sorge macht: Eleonore J., über 80 Jahre alt, will aus ihrer großen Wohnung in die Rollbergstraße wechseln – vor allem, um von den Betreuungsangeboten des Vereins zu profitieren. Doch ihre Rente ist zu hoch für einen WBS. „Ich darf dort nicht einziehen, weil ich nicht arm genug bin“, klagt die Seniorin. Wadehn hat dafür kein Verständnis, schließlich mache Frau J. eine bessere Wohnung frei. Sie fordert, dass Biedermann eine „Freistellung“ für die Seniorin erteilt.
Hier müsse jeder Einzelfall geprüft werden, sagt der Stadtrat. Grundsätzlich habe er sehr dafür gekämpft, dass wieder mehr Wohnungen WBS-pflichtig werden. Das sei wichtig, damit auch Menschen mit geringem Verdienst eine Chance auf dem hart umkämpften Markt hätten. Derzeit liegt die Einkommensgrenze für einen Wohnberechtigungsschein für einen Ein-Personen-Haushalt bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von 16 800 Euro (abzüglich Pauschalen für Versicherungen, Steuern sowie Freibeträgen).
Seine Mitarbeiter stellten jeden Monat hunderte von Wohnberechtigungsscheinen aus, sagt Biedermann. Aber es gebe nun einmal Menschen, die darauf keinen Anspruch hätten, anderenfalls wäre das Instrument sinnlos. Für Eleonore J. hat er aber eine gute Nachricht: Nach Prüfung hat sie tatsächlich eine Freistellung bekommen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.