Trauer um Siegfried Kühl: Mitbegründer der Graphothek Berlin gestorben

Siegfried Kühl im November 2007 in seinem damaligen Atelier im Holzhauser Markt. | Foto: Christian Schindler
  • Siegfried Kühl im November 2007 in seinem damaligen Atelier im Holzhauser Markt.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Heiligensee. Der Reinickendorfer Künstler Siegfried Kühl ist am 27. Juli in seinem 86. Lebensjahr einer schweren Krankheit erlegen. Im Bezirk bleiben viele Spuren seines Schaffens.

Das bekannteste Werk Siegfried Kühls bringen viele Menschen gar nicht mehr mit ihm in Verbindung, obwohl es das Lebendigste ist: Kühl gehörte 1968 zu den Mitbegründern der Graphothek Berlin, die seit 2004 im Fontane-Haus untergebracht ist. Dort warten rund 6000 Kunstwerke darauf, von Interessierten für ein paar Monate ausgeliehen zu werden.

Kunst für jedermann bedeutete für Kühl keineswegs das Abrutschen in die Beliebigkeit. Kunst sollte für jeden zugänglich sein, aber nie ihren Anspruch aufgeben an die Fantasie, am besten genährt durch fundierte Bildung. Die gab der 1929 geborene Kühl 40 Jahre als Kunsterzieher auf der Schulfarm Scharfenberg weiter an junge Leute.

1952 hatte Kühl sein Staatsexamen an der damaligen Hochschule für Bildende Künste Berlin abgelegt, und war sofort in den Schuldienst gegangen. Zugleich sah er sich immer als Künstler. Als solcher setzte er einer Reinickendorfer Seelenverwandten ein Denkmal. Seit 1989 erinnert der „archaische Erzengel von Heiligensee“ am Tegeler See an Hannah Höch, die bis zu ihrem Tod 1978 in Heiligensee lebte.

Die überlebensgroße Figur aus in Bronze gegossenen Fundstücken verweist auf einen wichtigen Aspekt von Kühls Schaffen: Regelmäßig fischte er Astwerk und Bootsreste aus dem Tegeler See, aus denen Skulpturen wurden oder Gemälde mit Neigung in die Dreidimensionalität. Diese oft monumentalen Werke brauchten Platz – und so wurde Kühl, der zudem ein begnadeter Zeichner war, folgerichtig zu einem Kämpfer für die Sache der Kunst. Er setzte sich dafür ein, dass Kunst auch bezahlt wurde, und Künstler die Räume bekamen, in denen sie wirken konnten.

Dieses war auch für ihn nicht immer einfach. Eine Zeitlang nutzte er das „Kühl-Haus“ an der Holzhauser Straße, was als Name durchaus ironisch gemeint war. Das ehemalige Heizhaus einer Industrieanlage wurde Ort moderner und in jedem Sinne großer Kunst. Als das Gewerbegebiet in Holzhauser Markt umbenannt wurde, spottete er, er sei nun ein „Markt-Künstler“. Dann wurde die Miete erhöht, und Kühl zog in andere Räume, zuletzt in ein gemeinsames Atelier mit seinem Sohn Christoph in Weißensee. Immerhin erlebte er noch, wie ihn der Bezirk 2014 mit einer großen Ausstellung im Rathaus würdigte. CS

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 125× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 258.000 Haushalte in Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf baut die Telekom Glasfaserleitungen aus.  | Foto: Telekom

Glasfaser-Internet hier im Bezirk
Telekom bietet 258.000 Haushalten einen Anschluss ans Glasfasernetz

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf. Damit können nun insgesamt rund 258.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu...

  • Zehlendorf
  • 20.01.25
  • 802× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.876× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.