In der Bibliothek gibt es jetzt einen „Shared Reading“-Treff
Weißensee. „Shared Reading – An Worten wachsen“ ist das Motto eines neuen Treffs in der Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek.
Montags kurz vor 17 Uhr tut sich unweit vom Eingangsbereich Ungewöhnliches. Mitarbeiter schieben Tische und Stühle zusammen. Eine Kaffeekanne und Tassen stehen bereit. Und dann ist auch schon Karin Strauss zur Stelle. Sie hat einen Hefter mit Texten dabei. Schon bald setzen sich andere. Man liest sich gemeinsam Texte vor.
Es wird über das Gelesene gesprochen. Man fühlt sich wie in einem modernen Literarischen Salon. Und das dieser neue „Shared Reading“-Treff seinem Wesen nach auch. Das Konzept stammt von der Engländerin Jane Davis. Es wurde vom Begründer der Literarischen Unternehmungen, Carsten Sommerfeldt, weiterentwickelt. Sommerfeldt kommt aus dem Verlagswesen. Gemeinsam mit Thomas Böhm, dem Programmleiter des Literaturhauses Köln, begann er sich vor einiger Zeit Gedanken darüber zu machen, wie man den Lesern von heute Bücher noch besser näher bringen kann. Aus dem Verlagswesen weiß er: Buchvorstellungen sind in der Regel eine Einbahnstraße. Ein Autor oder ein Schauspieler liest vor, die anderen hören zu.
Dann fiel ihm das Buch „Lesen als Medizin: Die wundersame Wirkung der Literatur“ von Andrea Gerk in die Hände. Darin wird anhand wissenschaftlicher Untersuchungen beschrieben, dass das gemeinsame Lesen positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die Lebenszufriedenheit und die emotionale Belastbarkeit hat. Man tritt mit sich selbst und anderen in Kontakt und kann so „an Worten wachsen“.
Sommerfeldt und Böhm wurden dann auf Jane Davis aus Liverpool aufmerksam. Diese entwickelte die Methode „Shared Reading“, geteiltes Lesen. „Wir ließen uns in Liverpool ausbilden und begannen, Erfahrungen zu sammeln“, berichtet Carsten Sommerfeldt.
Inzwischen gibt es „Shared Reading“ in mehreren deutschen Städten. In der Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek leitet Karin Strauss die Treffen. Sie ließ sich ebenfalls für das „Shared Reading“ ausbilden. „Das Besondere bei unseren Treffen ist, dass man völlig unvorbereitet kommen kann“, erklärt sie. „Anders als bei üblichen Lesekreisen, braucht man vorher keinen Text oder ein Buch lesen. Jeder lässt sich auf das ein, was er vorgelesen bekommt oder selbst vorliest.“
Karin Strauss sucht Texte aus, die oft für die Teilnehmer überraschend sind. Und jeder bekommt natürlich eine Kopie. Ob jemand erst einmal nur zuhören oder selbst vorlesen möchte, ist jedem frei gestellt. Aber die meisten möchten dann doch schon etwas lesen, den Klang der eigenen Stimme hören – und den Text auf ihre ganz eigene Weise vortragen.
Wer das Shared Reading erleben möchte, ist montags von 17 bis 18.30 Uhr in der Bibliothek an der Bizetstraße 41 willkommen. BW
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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