Gedenktafel-Enthüllung nach fast zweijährigen Debatte

Knapp zwei Jahre nach Antragstellung erlebte der Historiker Michael Roeder eine feierliche Enthüllung der Tafel mit Musik und nachdenklichen Wortbeiträgen. | Foto: Schubert
3Bilder
  • Knapp zwei Jahre nach Antragstellung erlebte der Historiker Michael Roeder eine feierliche Enthüllung der Tafel mit Musik und nachdenklichen Wortbeiträgen.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Wilmersdorf. Es war schon ein Politikum in Zeiten vor der Bezirksfusion. Und nun überwand Historiker und Antragsteller Michael Roeder alle Bedenken: Die Gedenktafel zu Ehren von Deserteuren gegen das NS-Regime befindet sich genau an jenem Ort, wo Soldaten einen 17-Jährigen erhängten,

Seinen Namen weiß niemand. Sein Schicksal: Der Tod als eines der letzten Opfer des Nazi-Terrors. Mit 17 Jahren endete das Leben eines jungen Mannes an der Stelle, an der heute eine Mittelinsel die Uhlandstraße an der Kreuzung Berliner Straße zu überqueren hilft. Der Krieg war im Frühjahr 1945 eigentlich schon verloren. Aber der Fanatismus der Wehrmachtssoldaten wand sich nun auf Hitlers Befehl gegen jeden, der seine Waffe nicht erheben wollte. Also zerrten SS-Kräfte eben jenen jungen Mann aus einem Keller. Sie nahmen eine Wäscheleine und knüpften ihn an einem Mast auf, ließen ihn tagelang dort hängen als mahnendes Zeichen, mit einem Schild am Hals, das besagte: "Ich war zu feige, um für Deutschland zu kämpfen."

An dieser Stelle also nun: eine schlichte Tafel. Nicht nur für jenen Deserteur im Besonderen, sondern auch für "alle anderen, die sich der Teilnahme am Krieg verweigerten und deshalb ermordet wurden", so beschied es die Gedenktafelkommission des Bezirks am Ende eines vielmonatigen Disputs.

Nicht Deserteure waren sie, sondern Helden", sagte der Historiker Wolfgang Benz zur Enthüllung. "Keine andere Armee der Welt", stellte er heraus, "hat so gegen die eigene Truppe gewütet wie Hitlers Wehrmacht." Und erst langsam kommt die Auseinandersetzung mit dieser Opfergruppe in Gang.

Dass die brisante Thematik in allen Teilen der Gesellschaft die Gemüter bewegt, zeigte die Anteilnahme von über 100 Gästen. Neben Benz sprachen zur Enthüllung unter anderem auch Laura von Wimmersperg von der Friedensinitiative Wilmersdorf, die den Tathergang ursprünglich recherchiert hatte, Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD), der von Beginn an für eine Gedenktafel auf Antrag von Michael Roeder eingetreten war. Und die 17-jährige Schülerin Jade Karoui. Nicht Feigheit, sondern Mut - den habe ihr Altersgenosse damals bewiesen. "Den Mut, sich gegen Unrechtstaten im Krieg aufzulehnen. Den Mut, sich dagegen zu wehren, andere Menschen zu töten. Eine solche Entscheidung zu treffen, ist aus meiner Sicht unvorstellbar", sagte Jade. "Gerade weil ich im selben Alter bin."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 373× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 258.000 Haushalte in Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf baut die Telekom Glasfaserleitungen aus.  | Foto: Telekom

Glasfaser-Internet hier im Bezirk
Telekom bietet 258.000 Haushalten einen Anschluss ans Glasfasernetz

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf. Damit können nun insgesamt rund 258.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu...

  • Zehlendorf
  • 20.01.25
  • 1.090× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 3.141× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.