Die Wartelisten sind lang
Immer mehr jüngere Berliner interessieren sich für einen Kleingarten
Es wird wieder geackert in den Kleingärten. Die neue Saison hat begonnen. Bäume und Hecken werden beschnitten, Unkraut gejätet, Gemüse gepflanzt, Komposthaufen angelegt. Auch Gerda und Joachim Köpnick aus Alt-Treptow haben schon längst begonnen, ihre Parzelle auf Vordermann zu bringen.
Das Paar baut beispielsweise Japanische Weinbeeren und Kamtschatkabeeren an. Letztere können bereits im Mai geerntet werden, weswegen sie auch Maibeeren heißen. Des Weiteren haben die Köpnicks einen Aprikosenbaum sowie einen Pflaumenbaum, der fünf verschiedene Sorten trägt. Was sie ernten, verarbeiten sie unter anderem zu Konfitüre. Der kleine Teich muss gereinigt, die Beete müssen gepflegt werden. Immer gibt es etwas zu tun. „Ein Garten, der nicht geändert wird, ist kein Garten“, meint Gerda Köpnick. In der nun schon mehr als ein Jahr andauernden Pandemie sind die beiden leidenschaftlichen Kleingärtner besonders froh, ihre kleine Parzelle zu haben. Viele Berliner dürften sie darum beneiden.
Die Nachfrage nach einem Kleingarten, das spüren auch sie, wird immer größer. Und durch die Corona-Pandemie dürfte sie noch einmal gestiegen sein. Da viele Berliner im vergangenen und auch in diesem Jahr wieder auf Reisen verzichten, stehen Gärten als Zufluchtsorte sehr hoch im Kurs. Nach Auskunft des 1. Vorsitzenden des Verbands der Gartenfreunde Berlin-Treptow, Günter Landgraf, gibt es im Altbezirk Treptow 5601 Parzellen. Mittlerweile stehen 964 Bewerber auf der Warteliste, die bereits seit Juli 2020 geschlossen ist. „Seit dieser Zeit nehmen wir keine Bewerber an, damit wir erst mal unsere Liste abarbeiten können und die Wartezeiten nicht überdimensional ansteigen“, berichtet er.
Die Köpnicks müssen sich darüber keine Gedanken machen. Ihre grüne Oase in der Kleingartenanlage „Zur Linde“ direkt an der Kiefholzstraße in Baumschulenweg sicherten sie sich bereits 1982. Die Anlage ist die zweitälteste Berlins und wurde schon 1887 gegründet. Einen Garten wollten sie unbedingt wegen ihrer damals kleinen Kinder. Ihnen wollten sie die Natur zeigen. Kinder könnten im Garten sehr viel über Pflanzen und Tiere lernen. „Man geht dann im Leben einfach aufmerksamer durch die Natur“, meint Gerda Köpnick. Als beide noch berufstätig waren, konnten sie ihren Garten nur an den Wochenenden besuchen. „Wenn die Gartenarbeit erledigt war, war auch das Wochenende schon wieder vorbei“, erinnert sie sich. Heute als Rentner könnten sie vielmehr Zeit dort verbringen und die grüne Umgebung noch mehr genießen.
Ihre leidenschaftliche Gartenarbeit ist nicht unbemerkt geblieben. 2016 belegten sie den ersten Platz im Wettbewerb „Bester Kleingarten“ des Bezirksverbands. Sie wussten zunächst gar nicht, dass sie jemand dafür vorgeschlagen hatte. Ausgezeichnet wurden sie dann unter anderem aufgrund der Vielzahl verschiedener kleiner Obstbäume und Beerensträucher sowie der Ganzjahresfütterung und Nistkästen für Nutzvögel. Außerdem ist den Köpnicks wichtig, keine Giftstoffe zu verwenden. „Dann hat eben der Apfel mal eine Made drin. Die wird dann einfach rausgeschnitten“, sagt Gerda Köpnick. Der Trend gehe sowieso hin zum Wildwuchs mit natürlichem Dünger und Anbau von Obst und Gemüse in Bioqualität.
Seit ein paar Jahren beobachtet das Paar, wie sich in der Anlage ein Generationswechsel vollzieht. „Es gab eine Zeit, da waren die jungen Leute gar nicht interessiert an einem Garten. Inzwischen ist die Nachfrage unheimlich groß“, sagen sie. Vor allem bei Familien sei das Bedürfnis nach einer eigenen Parzelle sehr gestiegen. „Die jungen Leute kommen auch mal zu uns und fragen nach Tipps. Viele haben ja noch keine Erfahrung im Gärtnern. Wir sind dagegen damit groß geworden. Schon unsere Eltern hatten einen Garten“, erzählt Gerda. Zu Konflikten zwischen den Generationen komme es nicht, das Miteinander sei gut. „Es werden auch Pflanzen getauscht“, sagt Joachim Köpnick. Manche würden jedoch den Arbeitsaufwand unterschätzen. Sorgen macht sich der frühere Werkzeugmacher und Feinmechaniker derweil über die Entwicklung der Kleingärten in Berlin. Seiner Meinung nach müsste die Politik diesbezüglich mehr unternehmen. Die Anlage in Baumschulenweg aber ist zumindest erst einmal bis 2030 gesichert.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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