Drei Hektar Grün mit vielen Funktionen
Kleingärten, Urban Gardening, Lernort und Park – Waldgarten am Hochspannungsweg eröffnet
In der Mitte ein großer Gemeinschaftsgarten, eingefasst von öffentlichem Grün, an den Rändern Kleingärten: So präsentiert sich Berlins erster, knapp drei Hektar großer Waldgarten. Er wurde vor wenigen Tagen am Hochspannungsweg an der Ecke Leonberger Ring offiziell eröffnet.
Bürgermeister Martin Hikel (SPD) hält das Projekt für wegweisend. „Das Kleingartenwesen steht unter Druck. Es muss sich in Richtung Erholung für alle entwickeln“, sagt er. Das ist zweifelsohne ein Ziel des Waldgartens, der direkt an den Britzer Garten grenzt. Mehr noch: „Ein essbarer Wald soll sich entwickeln, in dem Lebensmittel hergestellt werden und der Raum für Pflanzen und Tier bietet“, so Jennifer Schulz, Projektleiterin von der Uni Potsdam.
Unterschiedliche Bereiche sind gerade im Entstehen begriffen: ein mehrschichtiger Wald mit Bäumen wie Esskastanien, Früchte tragenden Sträuchern, am Boden krautige Gewächse. Ein anderer Teil wird mehr der Natur überlassen. Dort gedeihen beispielsweise Haselnuss und Holunder. Ein drittes Areal beherbergt einen Teich und Pflanzen, die es feucht lieben, auf einem vierten ist es trocken, dort können unter anderem Feigen wachsen.
Auch für die Umweltbildung steht eine Fläche zur Verfügung, betreut vom Freilandlabor des Britzer Gartens. „Hier haben wir die seltene Gelegenheit, Entwicklungen zu verfolgen: Was passiert, wenn ein Baum langsam wächst, was passiert darunter?“, so Ulla Müller vom Freilandlabor. Kooperationen mit der Schule an der Windmühle, der Walter-Gropius-Schule und der Schule am Bienwaldring seien bereits vereinbart, die Kinder und Jugendlichen werden zu den regelmäßigen Besuchern des Waldgartens gehören. Wem der Sinn nicht nach Gärtnern oder Lernen steht, kann sich entlang der Wege im Grünen entspannen, immerhin 10 000 Quadratmeter stehen dafür zur Verfügung. Dort können die Besucher auch Früchte von Bäumen und Sträuchern ernten.
Und schließlich gibt es 60 Parzellen, die in „Clustern“, also kleinen Gruppen, rund um die Gemeinschaftsflächen angeordnet sind. Denn Pächter des gesamten Areals ist der Bezirksverband Berlin-Süden der Kleingärtner. Der ohnehin antiquierte Begriff „Laubenpieper“ trifft auf die zukünftigen Nutzer keinesfalls zu. Sich voneinander abzuschotten ist nicht angesagt, es soll möglichst wenige Zäune geben, Wasseranschlüsse werden geteilt, Toiletten und Duschen sind im Vereinsheim zu finden, das noch zu bauen ist. „Das Ganze ist WG-ähnlich und auch ein soziales Experiment. Man muss sich schon verstehen. Aber wir wollen sowieso nicht vor uns hingärtnern, sondern die Gegend positiv beeinflussen“, sagt Sinan Ekmekci. Er ist Vorsitzender des Vereins „Waldgarten Berlin“, zu dem sich die künftigen Kleingärtner zusammengeschlossen haben. In ihrer Satzung ist nicht nur das ökologische Bewirtschaften ein wichtiger Punkt. „Wir haben auch immer einen Fuß im Gemeinschaftsgarten. Das ist überhaupt die Voraussetzung dafür, eine Parzelle zu bekommen.“ Deshalb gebe es auch trotz Warteliste Chancen für Menschen, die sich gerne mit anderen und für andere engagieren.
Wer mehr wissen möchte, kann mittwochs um 16 Uhr zum Urban Gardening vorbeikommen. Oder am Sonnabend um 14 Uhr, dann trifft sich die Arbeitsgemeinschaft Kinder und Jugendliche. Ekmekci ist selbst Vater und wünscht sich, dass der Waldgarten ein sicherer, schöner Ort und „ein Spielplatz für alle“ wird. Am Herzen liegt ihm auch, den Anwohnern eine Sorge zu nehmen. „Etliche fürchten, dass wir die Straßen zuparken, wenn es hier richtig losgeht. Aber wir kommen wirklich fast alle mit dem Fahrrad“, sagt er. Kontakt zum Verein kann man per E-Mail an info@waldgarten-britz.de aufnehmen. Auskünfte gibt auch der Bezirksverband über den E-Mail-Kontakt bv-sueden@urbane-waldgaerten.de und unter Tel. 40 75 11 45.
Öffnungszeiten des Waldgartens gibt es noch nicht. Erst Ende des Jahres soll alles fertig sein, die ersten Kleingärtner wollen im Herbst beginnen. Finanziert wird das Ganze vom Bund und Senat mit einer Laufzeit des Modellprojekts von sechs Jahren. Neben der Uni Potsdam ist die Stadt Kassel mit im Boot, wo es bereits eine ähnliche Anlage gibt.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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