Junger Bartgeier ausgewildert
Sulayr aus Berlin reist nach Andalusien
Ein junger Bartgeier namens Sulayr aus dem Tierpark Berlin hat vor Kurzem im Rahmen eines Wiederansiedelungsprojekts im Nationalpark Sierra Nevada in Spanien seine Reise in die Wildnis angetreten. Vor wenigen Tagen hat er seine beeindruckenden Flügel ausgebreitet und seinen ersten Ausflug erfolgreich absolviert. Das konnte beobachtet werden, da der Vogel einen GPS-Sender erhielt.
Bis es so weit war, hatte das Auswilderungsteam einige Hürden zu überwinden. Das Gelände im Nationalpark ist äußerst unwegsam, der Geier musste die letzten Meter in einer Transportkiste auf dem Rücken getragen werden. Erst dann konnte Sulayr in ein vorbereitetes Nest in 2000 Metern Höhe zu einem anderen Junggeier gesetzt werden und wurde zunächst von Forschern versorgt.
Der Bartgeier, früher in vielen europäischen Gebirgen anzutreffen, galt in zahlreichen Regionen als ausgestorben. Der Nachwuchs aus Berlin soll nicht nur zur Stabilisierung der Population beitragen, sondern auch die genetische Vielfalt in dem Gebiet erhöhen. Die Lebensbedingungen im Nationalpark bieten den ausgewilderten Geiern optimale Voraussetzungen, um sich an ihre neue Umgebung zu gewöhnen.
„Wir sind stolz darauf, dass der in Berlin geschlüpfte Geier nun in den spanischen Bergen seine Kreise zieht“, sagt Dr. Andreas Knieriem, Direktor von Zoo und Tierpark Berlin. Dies sei ein bedeutender Schritt für die Erhaltung dieser beeindruckenden Art und zeige, wie erfolgreich internationale Zusammenarbeit sein könne. „Als wissenschaftlich geführte Einrichtung verstehen wir es als unsere Verantwortung, bedrohte Arten wie den Bartgeier zu schützen", so Knieriem weiter.
Bevor die Vögel ausgewildert wurden, erhielten sie GPS-Sender und Identifikationsringe, um ihre Fortschritte in der Wildnis genau überwachen zu können. Darüber hinaus ist das Gebiet um das künstliche Nest mit Kameras ausgestattet, die die Eingewöhnung der Vögel in die neue Umgebung dokumentieren.
Der richtige Zeitpunkt ist bei einer Auswilderung sehr wichtig. Die Jungvögel müssen jung genug und noch flugunfähig sein, um den neuen Ort als ihr Zuhause anzuerkennen. Jedoch müssen sie alt genug sein, um nicht mehr auf das Füttern durch die Eltern angewiesen zu sein und sich selbst gegen Fressfeinde wie andere Greifvögel oder Krähen verteidigen zu können. In der Regel ist das nach rund 90 Tagen der Fall. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, werden sie im fortpflanzungsfähigen Alter, nach acht bis zehn Jahren, in dieses Gebiet zurückkehren.
Bartgeier sind die einzigen Vögel, die nur Knochen fressen, vor allem Teile der Skelette von großen Tieren wie Schafen, Ziegen, Hirschen und andere Wildtieren. Sie schlucken die Knochen ganz oder zerbrechen sie in kleinere Stücke, indem sie sie aus großer Höhe auf Felsen fallen lassen. Ihre starke Magensäure ermöglicht es ihnen, selbst große Knochen vollständig zu verdauen. „Bartgeier spielen eine wichtige Rolle in ihrem Ökosystem“, erklärt Matthias Papies, Kurator im Tierpark Berlin. Ihre Rückkehr in die spanischen Berge sei ein Zeichen dafür, dass die Zucht- und Schutzprogramme greifen. Geier helfen, Kadaver zu beseitigen und so die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.
Die Wiederansiedlung des Bartgeiers in Andalusien begann 1996 und ist heute eines der erfolgreichsten Projekte zur Wiederansiedlung dieser Art. Bisher konnten 90 Bartgeier erfolgreich ausgewildert werden. Von 1988 bis heute wurden 24 im Zoo und Tierpark Berlin geschlüpfte Bartgeier in den Alpen, Andalusien und den Cevennen erfolgreich ausgewildert.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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