Spree und Co als Freibad
Schwimmen im Fluss – heute Wunsch, einst möglich

Nicht nur an der Spree gab es früher viele Badestellen. | Foto: Thomas Frey
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Die Temperaturen in den vergangenen Wochen legten häufig einen Freibadbesuch nahe. Die Berliner Bäder-Betriebe konnten sich deshalb über viele Gäste im Prinzenbad freuen. Es ist, abgesehen von mehreren Planschen, die einzige öffentliche Outdoor-Badestelle im Bezirk. Obwohl es eigentlich genügend Wasser gibt. Aber Schwimmen in der Spree oder im Landwehrkanal geht heute nicht mehr. Oder vielleicht noch nicht?

Einst war das möglich. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert gab es zahlreiche Badeanstalten, nicht nur an diesen Gewässern. Ein Beispiel dafür ist die auch heute noch gängige Bezeichnung "Studentenbad" für eine Fläche südlich der Ratiborstraße. Geschwommen oder geplanscht wurde auch an der Lohmühleninsel im Bereich des heutigen Osthafens oder im in den 1920er-Jahren zugeschütteten Luisenstädtischen Kanal ebenso wie unweit des heutigen Prinzenbads.

Der älteste und bekannteste Ort sommerlichen Wasservergnügens befand sich an der Köpenicker Straße 11-14. Er ging als "Pfuelsche Badeanstalt" in die Berliner Geschichte ein. Benannt nach seinem Gründer, dem Militär und Politiker Ernst Heinrich Adolf von Pfuel (1779-1866). Er eröffnete dort 1817 ein Flussbad an der Spree, das erste seiner Art im Königreich Preußen. Es wurde danach zum Prototyp für viele Nachfolger. Auf dem Gelände befand sich damals eine Kaserne. Deshalb ging es zunächst um die sportliche Betätigung der Soldaten. Aber nicht nur. Von Anfang an hatten auch Zivilisten Zugang, vor allem die Schuljugend. Allerdings lediglich deren männlicher Teil.

Als Freizeitspaß war das Angebot nicht konzipiert. Vielmehr sollten die Nutzer lernen, sich im Wasser fortzubewegen, etwa durch das Brustschwimmen, als dessen Erfinder Ernst von Pfuel ebenfalls gilt. Diese Art im Wasser zu agieren, hatte er sich von den Fröschen abgeschaut. Denn deren Körperbeschaffenheit "ähnelt in Teilen, die hauptsächlich zum Schwimmen notwendig sind, sehr der des Menschen", so seine Erkenntnis.

Um diese Technik einzustudieren, wurden die Anfänger mit einer Angel in die Spree gelassen. Auf Kommando hatten sie die verschiedenen Übungen auszuführen. Einige scheinen dabei ziemliche Ängste ausgestanden zu haben, wie Aufzeichnungen des Herrn von Pfuel süffisant vermerkten. Manche wurden "blass und blässer", anderen "klopfte das Herz" und einer "schlug sogar ein großes Kreuz über sich, um doch christlich zu enden". Wer es schaffte, einmal ohne "abzusaufen", sprich fremde Hilfe, die Spree von Kreuzberg nach Friedrichshain zu durchqueren, erhielt ein "Diplom der Schwimmkunst".

Um den Sport weiter populär zu machen, organisierte Pfuel auch Schwimmfeste an der Oberbaumbrücke. Immer natürlich die Moral der Zeit beachtend. Die Badeanstalt an der Köpenicker Straße besaß ein nach allen Seiten umschlossenes Wasserbecken. Denn es sollte keine Einblicke von außen auf das Treiben geben. Dabei war der "Schwimmvater" eine für seine Epoche eher liberale Person. Er besuchte als einer der wenigen Militärs den Salon der Rahel Varnhagen. Mit dem Dichter Heinrich von Kleist war er befreundet und reiste mit ihm 1803 in die Schweiz, nach Italien und Frankreich.

Als Soldat stand Pfuel nicht nur in preußischen, sondern teilweise auch in österreichischen und russischen Diensten. 1815 war er in der Schlacht von Waterloo mit dabei, als Napoleon endgültig besiegt wurde. Im Revolutionsjahr 1848 amtierte er für wenige Tage im März als Berliner Stadtkommandant. Er verlor diesen Posten, weil er sich vor Soldaten stellte, die auf das Volk schießen wollten, und verhinderte damit ein Blutbad. Seine Zeit als preußischer Ministerpräsident im Herbst 1848 dauerte ebenfalls nur wenige Wochen, denn auch da hatte Pfuel klargemacht, dass er "die erworbenen Freiheiten bewahren und reaktionäre Bestrebungen zurückweisen" werde. Geblieben ist von ihm aber, wenn überhaupt, der Pionier für den Schwimmsport.

Seine Badeanstalt existierte noch bis 1925, nach manchen Quellen bis 1933. Andere waren schon zuvor geschlossen worden. Ein wichtiger Grund dafür: Die Spree und die Kanäle wurden immer dreckiger. Eine Folge der Industrialisierung.

Auch wenn die Wasserqualität inzwischen wieder besser geworden ist, blieb das bis heute so. Aber mittlerweile gibt es Initiativen, die zum Beispiel an der Museumsinsel in Mitte wieder ein Flussbad errichten wollen.

In Friedrichshain verfolgt vor allem Ralf Steeg ein ähnliches Ziel. Er ist Chef der Firma Luritec, die zunächst in Sachen saubere Spree ein Geschäftsfeld sieht. Ralf Steeg hat Pontons konzipiert, die an den Einmündungen der Abwasserkanäle in den Fluss angeschlossen werden sollen. Denn bei Starkregen reichen die Auffangbecken bisher noch nicht vollständig aus. Teile der trüben Brühe landen dann ungeklärt in dem Gewässer. Ralf Steegs Plattformen fangen weitere Wassermassen auf, bunkern sie im Bauch und leiten sie zurück, wenn es wieder genügend Kapazitäten in den Rohren gibt. Um das nahezu vollständig zu gewährleisten, müsste es aber auch an weiteren Zuflüssen solche Speicher geben, macht er deutlich. Bisher konnte er aber nur einen Prototyp im Osthafen platzieren.

Ralf Steegs Pläne, oder vielleicht besser Träume, gehen aber noch einen Schritt weiter. Auf den Pontons wäre auch ein öffentlicher Betrieb möglich, schwebt ihm vor. Allen voran könnten sie als Einstieg zum Baden in der Spree genutzt werden. Was ihn allerdings erst recht mit Widerstand konfrontiert. Schon weil dadurch, etwa im Osthafen, mit Nutzungskonflikten wegen der auch dort inzwischen vorhandenen Wohnbevölkerung gerechnet wird. Aber seine Idee zeigt, dass einiges überlegt wird, um auch die Friedrichshain-Kreuzberger Flusslandschaften als Badeort zurückzuerobern.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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