"Unvergessliche Sonnenaufgänge"
Johanna Hoffmann war Europas erste Kranführerin

Johanna Hoffmann (1930-2019) | Foto: RuDi-Archiv
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Eine Leserin informierte die Berliner Woche über den Tod von Johanna Hoffmann. Mehr über sie und ihr Leben wäre im RuDi-Nachbarschaftszentrum zu erfahren, teilte sie ebenfalls mit.

Johanna Hoffmann war eine Pionierin. "Sie war in den 1950er Jahren die erste weibliche Kranführerin in Europa", sagt RuDi-Leiterin Petra Liebenthal. Einer ihrer ersten Einsatzorte: das Neubauprojekt Stalinallee. "Mein Tätigkeitsfeld war der Block G-Nord in der Frankfurter Allee zwischen Petersburger- und Proskauer Straße", erinnerte sich Johanna Hoffmann. Aber auch in der Koppenstraße, am Ostbahnhof oder in der Stralauer Allee habe sie "den Kran geführt".

Diese und weitere Aussagen fanden sich im RuDi-Archiv. Denn im Nachbarschaftszentrum war die einstige Kranlenkerin Stammgast und ihre Lebensgeschichte immer wieder Thema, in Interviews und 2010 auch als Teil einer Ausstellung.

Noch bis Anfang Juni und damit nur wenige Tage vor ihrem Tod habe sie regelmäßig das Frühstück mit Kultur am Dienstag und den Seniorennachmittag am Donnerstag besucht, erzählt Petra Liebenthal. Johanna Hoffmann starb kurz vor ihrem 89. Geburtstag, der am 8. August gewesen wäre.

Durch Angeberei zum Job

Wie sie zu ihrem Beruf gekommen ist, geht aus den Zeitzeugengesprächen ebenfalls hervor. Nach eigenen Angaben "durch Angeberei". 1951 sei sie nach Berlin gekommen, habe ihren Lebensunterhalt zunächst als Bauhilfsarbeiterin verdient und anschließend eine Ausbildung als Baumaschinistin gemacht. Eines Tages habe ihr Betrieb zwei Kräne bekommen, "die ich neugierig beäugte und schießlich übermütig ausrief: Das bisschen Kranfahren kann ich auch noch".

Zunächst hatte der Ausspruch keine Folgen. Aber etwa ein Vierteljahr später forderten sie der Brigadier und der Lehrmeister auf, einen der Stahlkolosse zu besteigen. Das wurde anscheinend zu deren Zufriedenheit erledigt, denn danach wurde Johanna Hoffmann der erste weibliche Kranführerlehrling. Die Ausbildung beendete sie 1953 nach entsprechender Prüfung. Später habe sie dann selbst Lehrlinge am Kran geschult. "Alles Männer, keine Frau".

Wie war das überhaupt, damals in dieser reinen Männerdomäne zu arbeiten? Auch darüber gab Johanna Hoffmann Auskunft. Mit den Bautrupps hätte sie keine Schwierigkeiten gehabt. Denen war vor allem wichtig, dass sie zuverlässig mit Material versorgt werden. Nur ein Mal lehnte es ein Vorarbeiter zunächst ab, mit ihr zu arbeiten."Bei mir kommt keine Frau auf den Kran". Weil schönes Wetter herrschte, habe sie sich in die Sonne gelegt und abgewartet. Irgendwann fehlte es an Nachschub und die Maurer wurden ungemütlich. Schließlich sei dem Brigadier nichts anderes übrig geblieben, als sie auf den Kran zu bitten.

Einmalige Aussicht

Natürlich sei das auch ein harter Job gewesen, gab Johanna Hoffmann zu. Im Sommer war es in der Krankabine oft unerträglich heiß, im Winter häufig ziemlich kalt. Trotz später eingebauter Heizung. Bei Wind schwankte der Riese mächtig. "Daran gewöhnt man sich, merkt das gar nicht mehr".

Demgegenüber stand "die einmalige Aussicht", der weite Blick über die Dächer und Türme der Stadt. "Du erlebst unvergessliche Sonnenaufgänge". Aber auch, was in der Nähe passierte, konnte beobachtet werden. Einmal entdeckte Johanna Hoffmann von oben einen Bauarbeiter beim Wildpinkeln. "Wirf einfach alles weg, was du in der Hand hältst", rief sie ihm zu. Ein Spruch, der nicht nur für Lacher, sondern auch für Anerkennung sorgte.

Johanna Hoffmann wird am 30. Juli um 11 Uhr auf dem Friedhof in Alt-Stralau beerdigt.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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