Schutz vor Verdrängung
Bezirk erlässt in vier Gebieten Milieuschutz
Das Bezirksamt hat Hausbesitzern in vier weiteren Wohngebieten jetzt Fesseln angelegt. Kostentreibende Modernisierungen und Mietenexplosionen sind mit dem Erlass sozialer Erhaltungsverordnungen (Milieuschutz) kaum noch möglich.
Wärmedämmung an die Fassade, Fahrstuhl- und Balkonanbau oder das Zusammenlegen von kleinen Wohnungen zu einer schönen großen – es gibt viele Investitionsanreize für Hauseigentümer, die langfristig mehr Rendite rausholen wollen. Daraus resultierende Mieterhöhungen treffen dann die Bewohner. Gebiete mit vielen Sozialhilfeempfängern, Geringverdienern und Senioren stehen unter Verdrängungsdruck. Um solche Entwicklungen zu stoppen, kann der Bezirk Milieuschutz anordnen, um die „betroffenen Wohngebiete mit ihrer sozial gemischten Bevölkerung mit entsprechenden städtebaulichen Instrumenten vor Verdrängung zu schützen“, wie es heißt. Nach „vertiefenden Untersuchungen im Stadtraum Wedding“ und Befragungen von über 2000 per Stichprobe ausgewählten Haushalten haben die Gutachter bestätigt, dass das Aufwertungspotenzial, der Aufwertungsdruck und die daraus resultierende Verdrängung in den untersuchten Kiezen hoch sind. Das Bezirksamt hat am 19. Juni in den vier „Beobachtungsgebieten“ Soldiner Straße, Kattegatstraße, Reinickendorfer Straße und Humboldthain Nord-West Milieuschutzverordnungen erlassen.
Im Kiez Soldiner Straße zum Beispiel gibt es viele Wohnungen in einfachem Zustand mit hohem „Modernisierungspotenzial“ für die Eigentümer, so die Gutachter. Nur die Hälfte der Wohnungen haben einen Balkon und es gibt relativ wenige Wohnungen mit Aufzug. Zudem liegen die Häuser in attraktiven Wohnlagen. Die Kieze wurden in den vergangenen Jahren durch das Quartiersmanagement aufgewertet, heißt es in der Studie. Durch die Senatsmillionen werden die einstigen Problemviertel mit guter Infrastruktur für immer mehr Leute interessant, die sich auch teure Mieten leisten können.
In Milieuschutzgebieten haben Eigentümer strenge Auflagen. Luxusmodernisierungen sind prinzipiell verboten. Zudem hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Erst 2016 hat das Bezirksamt fünf Milieuschutzgebiete ausgewiesen: Birkenstraße und Waldstraße in Moabit sowie Leopoldplatz, Sparrplatz und Seestraße in Wedding. In den neuen vier Milieuschutzgebieten leben rund 38 000 Menschen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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