Jugendclub wieder in Gefahr: Das Haus an der Badstraße 10 soll saniert und zu Berlins Leuchtturmprojekt werden

Offener Kieztreff und Jugendclub: Svetoslav aus der achten Klasse der Willy-Brandt-Schule kommt jeden Tag mit seinen Kumpels in den Jugendclub. | Foto: Dirk Jericho
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Gesundbrunnen. Marode, unwirtschaftlich und kaum genutzt. Im früheren Haus der Volksbildung gibt es derzeit nur den kommunalen Jugendclub Badstraße.

Der Club ist im schwierigen Gesundbrunnen-Kiez enorm wichtig. Von Montag bis Freitag kommen zwischen 13 und 19 Uhr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, um bei Billard oder Kicker abzuhängen. Weil in letzter Zeit immer mehr Jugendliche aus Bulgarien kommen, wird der Club mittlerweile auch Bulgarenclub genannt. Viele Schüler der Willy-Brandt-Schule direkt hinter dem einstigen Haus der Volksbildung nutzen ebenfalls den Jugendclub. Zwei beim Bezirksamt angestellte Pädagogen kümmern sich um die bis zu 60 Jugendlichen am Tag.

Den kommunalen Jugendclub in der Badstraße 10 gibt es seit den 1980er-Jahren. Er hatte bis vor sechs Jahren das erste Obergeschoss des Vorderhauses genutzt. Weil der Bezirk das Gebäude an den damaligen Liegenschaftsfonds abgeben wollte, um Kosten zu sparen, musste der Jugendclub 2010 ins Hinterhaus ziehen und sich die Räume mit Schülern der benachbarten Willy-Brandt-Oberschule teilen.

Früher waren im Vorderhaus auch das Gesundheitsamt und die Musikschule untergebracht. Seit ein paar Jahren stehen die Etagen leer. Weil das Haus nicht an den Senat abgegeben wurde, konnte der Jugendclub 2014 wieder ins Vorderhaus ziehen und belegt jetzt das Erdgeschoss. Im Gebäude gibt es noch die Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss, in der die 84-jährige Urenkelin von Otto Wels lebt. Der SPD-Politiker sagte 1933 in der letzten freien Rede im Deutschen Reichstag zur Begründung der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der NSDAP den berühmten Satz: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Die betagte Dame stört als Mieterin das geplante Forum für Berufsorientierung „Talente Check Berlin“ nicht. Der Jugendclub allerdings wird an der Stelle keine Zukunft haben, sollte sich der Senat für die Übernahme des Hauses entscheiden.

Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) steht dem großen Senatsprojekt vom multimedialen Beratungs- und Talente-Testhaus positiv gegenüber. Der Bezirk wäre endlich seine marode Immobilie und einen Budgetfresser los und könnte sich mit dem berlinweit einzigartigen Projekt schmücken. Was den Jugendclub betrifft, will er keine Pferde scheu machen. „Wir werden das alles besprechen und eine Lösung finden.“

Das gesamte Gebäude hat 1600 Quadratmeter Nutzfläche, der Jugendclub nutze derzeit zehn Prozent. Möglich wäre, dass er wieder Räume in der Willy-Brandt-Oberschule bekommt. Dort gebe es auch noch genug Platz, so von Dassel.

Jugendstadträtin Sandra Obermeyer (für Die Linke) drängte im Jugendhilfeausschuss (JHA) Anfang April auf den Erhalt des Jugendclubs im Sozialraum. Sie will, dass der Club im Haus bleiben kann, „denn Ersatzräumlichkeiten sind nicht leicht zu finden“. Die Jugendfreizeiteinrichtung dürfe nicht einfach „herausgeplant werden.“ Auch der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Tilo Siewer (Grüne), ist besorgt und fordert den Erhalt des Jugendclubs.

Das erst vor einem Jahr eingerichtete Quartiersmanagement (QM) Badstraße, das den Absturz der sozial schwierigen Gegend verhindern soll, weiß nichts von den aktuellen Plänen für ein „Talente Check“-Haus durch die Senatsbildungsverwaltung. QM-Managerin Özlem Ayaydinli hat sich ebenfalls erst im März gemeinsam mit Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) das Haus angeguckt, weil sie einen Ort für ein „Kiezhaus mit multifunktionaler Nutzung“ sucht. Der Jugendclub wäre nach ihrer Idee nicht gefährdet, wenn die oberen Etagen wieder aktiviert werden.

Die Stadtentwicklungsverwaltung des Senats, die für das Quartiersmanagement zuständig ist, zeigt sich auch ahnungslos von den Entwicklungen zum "Talente Check Berlin". „Sollte sich der Bezirk Mitte dafür entscheiden, das Haus im Sinne unserer dortigen Quartiersmanagement-Verfahren langfristig für sozio-kulturelle Nutzungen in Anspruch zu nehmen, käme eventuell auch eine Mitfinanzierung der erforderlichen Baumaßnahmen durch unseren Baufonds in Betracht“, ignoriert Katrin Dietl, Sprecherin von Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke), die Frage zum mögliche Haus der Talente. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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