Von den Weddinger Wieseln und neuen Herausforderungen
Für seine herausragende Arbeit in diesen Bereichen wurde ihm 2006 sogar der "Goldene Stern des Sports" verliehen. Doch nur sechs Jahre später ist die Wirklichkeit, in der Vereine wie die Wiesel arbeiten und existieren müssen, eine ganz andere geworden, wie Susanne Bürger, seit nun mehr zehn Jahren die Vorsitzende des Klubs, zu berichten weiß: "Aufgrund der veränderten Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen haben wir mittlerweile Nachwuchssorgen. Insbesondere die Mädchenarbeit ist zunehmend komplizierter geworden." Zurzeit hat der Klub rund 270 Mitglieder, davon an die 140 Kinder und Jugendliche, die zu großen Teilen aus sozial schwachen Familien stammen. Das Verhältnis von Mädchen und Jungen schätzt Susanne Bürger zurzeit auf 25:75. Über 70 Prozent aller Kinder haben einen Migrationshintergrund. Bei den Kleinsten, den Vier- bis Siebenjährigen, ist die Nachfrage noch groß. Doch in allen anderen Altersklassen sind die Wiesel stets auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Susanne Bürger nennt Gründe: So sei das veränderte Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen heute ursächlich. "An erster Stelle kommt das Fernsehen, dann der Computer, dann lange nichts. Ich weiß gar nicht, ob der Sport bei solchen Umfragen überhaupt noch auftaucht."
An mittlerweile vier Schulen im Kiez sind die Wiesel vertreten, um den Kindern dort das Basketballspiel näher zu bringen. "Diese AGs sind für uns überlebenswichtig. Aber sie sind kein Selbstläufer." An dieser Stelle setzen nämlich zwei andere Probleme ein: Zum einen sehen die Eltern von Kindern, die an der Schule kostenlos Basketball spielen können, oft keine Notwendigkeit, ihre Kinder zusätzlich in den Verein zu schicken und dort auch Mitglied zu werden.
Zum anderen habe die Ganztagsschule den Tagesablauf der Kinder derart verändert, dass es das Vereinsleben, wie man es von früher kannte, nicht mehr gäbe. "Die Welt der Kinder ist eine andere geworden." Ein weiteres Problem ist, dass mitunter auch die Erwartungen der Eltern steigen. "Bringen Sie meinem Kind mal Disziplin bei, hat mal jemand gesagt. Wir stoßen im Verein mittlerweile viel zu oft an unsere Grenzen." Um dem auch nur annähernd gerecht zu werden, versucht man im Klub auf Trainer zu setzen, die den Kindern nicht nur das Spiel beibringen. Sie müssen auch gute Pädagogen, mitunter Freunde der Kinder sein und einen guten Draht zu den Eltern haben. Der Trainer der männlichen U12 ist so ein Typ: Jacob Gohlisch, ein Wiesel-Eigengewächs, der auch schon für ALBA auf Korbjagd gegangen ist. "Solche Menschen zu finden, wird immer schwieriger", weiß Susanne Bürger.
Dennoch schaffen die Wiesel den Spagat zwischen Breiten- und Leistungssport. Im Klub ist jeder willkommen, ob Freizeitsportler oder ambitioniert: So treten die Wiesel in Kooperation mit dem VfB Hermsdorf als "Team Berlin Nord" in der männlichen U16 Basketball-Bundesliga (JBBL) an. Gefördert durch "Integration durch Sport" bietet der Klub zudem ein wöchentliches, kostenloses Training für Mädchen im Alter von sechs bis 14 Jahren an. Dieses Angebot wird gut angenommen. Allerdings gibt es auch hier ein Problem: Es ist für den Klub nahezu unmöglich, Mädchen mit Kopftuch in den regulären Spielbetrieb zu integrieren, wie Susanne Bürger abschließend verriet: "Die Regeln des Berliner Basketball Verbandes untersagen strikt das Tragen von Kopfbedeckungen während eines Spiels. Damit ist der Wunsch nach Integration durch Sport an dieser Stelle für diese Mädchen einfach nicht umsetzbar."
Autor:Michael Nittel aus Reinickendorf |
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