Die Vermessung Berlins begann am Müggelberg
Am Fuße des Müggelturms befindet sich jetzt eine Informationstafel zum Standort
An den Stufen hinauf zum Müggelturm kommen Besucher jetzt an einer auffälligen Informationstafel mit historischen Fotos vorbei. Sie trägt den Titel „Trigonometrischer Punkt 1. Ordnung Müggelberg“. Gestaltet haben sie Geomatiker der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB).
Zur Einweihung im Juni hatte der Fachverband DVW (Deutscher Verein für Vermessungswesen) Berlin-Brandenburg - Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement geladen. Hintergrund ist, dass der vermessungstechnische Beobachtungspunkt eine lange Historie besitzt. Mehr als 150 Jahre war er der Koordinatenursprung Berlins. Nach Angaben der LGB leitete der in Müggelheim geborene Oberst Johann Jacob Baeyer (1794-1885) einen Teil der Vermessungen und deren Auswertung für den trigonometrischen Punkt 1. Ordnung auf dem Kleinen Müggelberg. 1857 war der Beobachtungspunkt demnach einer der Ausgangspunkte für die Vermessung Berlins. Baeyer gelte heute als Begründer der Internationalen trigonometrischen Erdvermessung. Ein anderer bedeutender Geodät, Johann Georg von Soldner, definierte das Koordinatensystem, das über 150 Jahre in Berlin verwendet wurde. Es trägt den Namen „18. Soldnersystem Müggelberg“ mit dem Koordinatenursprung TP 1. Ordnung Müggelberg.
Wie auf der Tafel erläutert wird, sind die flächendeckende Vermessung und präzise kartographische Darstellung eines Landes eine elementare Voraussetzung für eine funktionierende Verwaltung und die wirtschaftliche Entwicklung. Dieser Aufgabe widmet sich die Geodäsie, eine Disziplin der Ingenieurwissenschaften.
Trigonometrische Punkte sind in topographischen Karten als kleine Dreiecke gekennzeichnet. „Im Gelände dienten solche Punkte lange Zeit für geodätische Anschlussmessungen, die genaue Orientierung und als Fixpunkte für örtliche Vermessungen. Heute werden präzise Koordinatenbestimmungen meist mithilfe verschiedener Satellitensysteme vorgenommen. Die Bedeutung von vielen im Gelände verteilten Festpunkten geht daher zurück“, erklärt die LGB. Heutzutage würden in allen Bundesländern Koordinaten in dem europaweit einheitlichen geozentrischen Koordinatensystem ETRS89 (Europäisches Terrestrisches Referenzsystem) geführt. In Berlin fand der Wechsel am 1. Dezember 2015 statt. Seitdem habe der trigonometrische Punkt Müggelberg seine Bedeutung als Koordinatenursprung verloren.
Als vor mehr als 150 Jahren die Grundlagen für landesweite präzise Vermessungen gelegt wurden, war es nur unter größten Anstrengungen möglich, lange Strecken auf der Erde zu messen. „Man umging diese Einschränkung durch die Einteilung der Landesfläche in Dreiecke und die technisch einfachere Messung aller ihrer Winkel. Die damals noch sehr klaren Luftverhältnisse erlaubten präzise Beobachtungen für Winkelmessungen. Es genügte die hochgenaue Messung einer einzigen Basisstrecke, um für alle Beobachtungspunkte präzise Koordinaten ermitteln zu können“, informiert die LGB. Noch heute sind an vielen Stellen die aus Granit gehauenen Pfeiler der Trigonometrischen Punkte vorhanden.
Wer sich mehr für die Geschichte des Müggelturms interessiert, findet auf der Tafel ebenfalls Informationen. So erfährt man, dass 1880 der Wäscherei- und Färbereieigentümer Carl Spindler einen zehn Meter hohen hölzernen Aussichtsturm errichten ließ. Um weiter in die Ferne blicken zu können, wurde er neun Jahre später auf 27 Meter aufgestockt. Der Turm entwickelte sich zum beliebten Ausflugsziel. Bei Schweißarbeiten zur Sanierung brannte er 1958 ab. Nach einem Architekturwettbewerb wurde bereits 1959 der Grundstein für den heutigen Müggelturm gelegt, dessen Eröffnung in der Silvesternacht 1961 stattfand. 1996 wurde er mit EU-Fördermitteln grundlegend instandgesetzt. „Der trigonometrische Punkt 1. Ordnung Müggelberg befindet sich heute noch im Restaurantbereich, hat aber für die Landesvermessung keine Bedeutung mehr“, heißt es.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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