Historische Straßenbahnen sind in Köpenick zurück
Köpenick. Der Straßenbahnbetriebshof Köpenick wurde in den Jahren 1903 bis 1910 errichtet. Er steht unter Denkmalschutz. Jetzt komplettieren historische Fahrzeuge das Ambiente.
Seit Mai beziehen schrittweise die historischen Straßenbahnen der BVG hier Quartier. Da der über 100 Jahre alte Betriebshof nicht für die modernen Trams umgebaut werden kann, und 2017 die letzten Tatra-Züge in „Rente“ gehen werden, wird das denkmalgeschützte Areal dann nicht mehr für das Tagesgeschäft der BVG benötigt. Ein Teil der Hallen ist schon jetzt leer.
„Deshalb finden die historischen Straßenbahnen, die bisher in Niederschönhausen untergebracht waren, hier eine neue Heimat. Hier werden sie von unseren Vereinsmitgliedern gepflegt und von hier treten die fahrtüchtigen Triebwagen zu Sonderfahrten an“, sagt Olaf Bade, Vorsitzender des Denkmalpflegevereins Nahverkehr.
Bereits 1967, als viele alte Fahrzeuge ausgemustert wurden, gab es BVG-Mitarbeiter, die alte Bahnen für die Nachwelt erhalten wollten. Zu ihnen gehörte Joachim Kubig (79), damals Straßenbahn-Verkehrsmeister. „Der Köpenicker Bürgermeister hatte angefragt, ob wir einen Straßenbahnwagen von 1903 wieder flottbekommen, und Geld besorgt. Rund 5000 Mark standen zur Verfügung. Wir haben dann viele Stunden am alten Fahrzeug gewerkelt, den Stromabnehmer mussten wir mit dem Pkw aus Cottbus holen. Am 21. Juni 1969 fuhr unser Wagen dann beim Köpenicker Sommer mit“, erinnert sich Joachim Kubig.
Weil das Geld aus dem Rathaus nicht gereicht hatte, musste er noch zu einem kleinen Schwindel greifen. „Wir haben nach dem Umzug Sonderfahrten für begeisterte Straßenbahnfans gemacht und dafür Spenden genommen. Offiziell sollte das Geld als Spende für Vietnam genommen werden, in Wirklichkeit habe ich damit unsere Schulden bei der Lackiererei der Reichsbahn bezahlt“, schmunzelt Kubig.
In der Wagenhalle, an der das Wappen des ehemaligen Köpenicker Rathauses prangt, stehen nun Bahnen aus fast allen Epochen. Aus der Kaiserzeit, als der Hauptmann von Köpenick zum Rathaus marschierte, ebenso wie aus der Weimarer Republik und auch erste Nachkriegsbauten der DDR. Und selbst eine noch gar nicht uralte Tatra-Bahn von 1986 kann als historisches Fahrzeug auf die Strecke gehen. Damit sie zum Personentransport zugelassen werden, mussten alle Bahnen mit elektrischen Blinkern versehen werden, für die Kommunikation der Neuzeit nimmt der Tramfahrer ein Handfunkgerät für das BVG-Netz mit.
Fast jeden Sonnabend treffen sich die rund 25 aktiven Vereinsmitglieder zum Putzen, Schrauben und Polieren in der Köpenicker Werkstatt. Und mehrmals im Jahr gibt es öffentliche Sonderfahrten. „Außerdem werden die Bahnen für Hochzeits- oder Firmenfeiern gemietet oder von Filmleuten für historische Streifen engagiert. Beim ,Vorleser' ratterte eine unserer Bahnen mehrmals durchs Bild“, erzählt Vereinschef Olaf Bade.
Derzeit richtet sich der Verein noch am neuen Standort ein. Im nächsten Jahr soll es dann regelmäßige öffentliche Führungen geben. Und beim Tag des offenen Denkmals am 12. September können Besucher einen Blick auf den alten Straßenbahnhof mit seinen historischen Elektrischen werfen. RD
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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