"Das Maß ist Völzke"
Schulfarm Insel Scharfenberg kämpft um ihren kommissarischen Schulleiter
Die Demo fand auf dem Festland statt. Direkt an der Fähranlegestelle neben der DRLG-Rettungsstation versammelten sich geschätzt rund 200 SchülerInnen, Eltern und einige Lehrkräfte. Plakate werden hochgehalten. "Völzke muss bleiben", "Völzke führt voran" oder "Scharfenberg liebt Völzke" ist darauf zu lesen.
Völzke, Vorname Matthias, 41 Jahre alt, ist seit 2020 kommissarischer Direktor der Schulfarm Insel Scharfenberg, der aber nicht von der Senatsbildungsverwaltung für den Direktorposten auf Scharfenberg nominiert wurde, obwohl er sich natürlich auch beworben hatte. Etwa zeitgleich zum Protest am 6. Oktober gegen die Nichtnominierung stellte sich auf der Insel ein von der Senatsbildungsverwaltung ausgewählter Interessent für seine Nachfolge der Schulkonferenz vor. Bevor der Mann die Fähre betrat, mussten er und die Senatsvertreter die Protestgemeinde passieren. Neben diesem Kandidaten gibt es im Übrigen noch weitere Kandidaten für den Direktorposten auf Scharfenberg.
Zu den Gründen, warum der Interims-Schulleiter nicht regulärer Schulleiter werden kann, gibt es keine Erklärung der Senatsbildungsverwaltung. Es handle sich um Personalangelegenheiten, zu denen keine Auskünfte erteilt werden, hieß es auf Nachfrage der Berliner Woche. So weit bekannt verfügt Matthias Völzke offiziell nicht über die Besoldungshöhe. Er wird noch immer als Lehrer nach Besoldungsgruppe B13 vergütet, obwohl er mittlerweile auch anderer Aufgaben hat. Als Direktoranwärter müsste er aber bereits in B14 verortet sein, was im Fall von Scharfenberg andere Bewerber vorweisen können.
Für Völzkes Anhänger sind das aber nicht zuletzt vorgeschobene Argumente. Sie vermuten ganz andere Ursachen, warum er ausgebremst wurde. "Er war einfach zu unbequem", sagte ein Vater. "Bei der Senatsverwaltung konnten sie ihn wahrscheinlich nicht besonders leiden, weil er ständig genervt hat", vermutet eine Mutter. "Er hat hier Action reingebracht", formulierten Julius und Valentin (jeweils 16), beide Schülersprecher.
Matthias Völzke selbst nährt diesen Nimbus, etwa wenn er von seinem Kampf um einen regelmäßigen Fährbetrieb erzählt. "In den vergangenen eineinhalb Jahren ist die Fähre an 166 Tagen ausgefallen". Das bedeute jedes Mal, dass die Schüler mit Ruderbooten und großem Zeitaufwand auf die Insel übersetzen müssen. Mehrfach habe er die Senatsverwaltung darauf hingewiesen, es seien Reparaturen versprochen worden, die aber nicht stattfanden. Das Land Berlin habe aber die Aufgabe, allen SchülerInnen einen problemlosen Schulweg zu ermöglichen, egal wo sich die Schule befinde.
Dass der Mann an schnellen Lösungen für auftretende Probleme interessiert ist, hängt wahrscheinlich mit seinem Berufsweg zusammen. Er hat nicht nur eine Lehrer-, sondern auch eine Managementausbildung und mehrere Jahre für große Unternehmen gearbeitet. Ein Werdegang, der optimal sei, um die Schulfarm zu leiten, wurde von Eltern übermittelt. Schließlich muss hier ein Schulbetrieb mit Internatsschülern und externen Schülern sowie verschiedenen Gewerken organisiert werden. Dazu komme, dass Völzke seit seinem kommissarischen Dienstantritt viele Aktivitäten angestoßen und verfolgt habe. Auch sei die Zahl der Anmeldungen für das vergangene und aktuelle Schuljahr deutlich angestiegen.
Matthias Völzke sei vor zwei Jahren für gut genug befunden worden, die Schulleiterstelle kommissarisch zu übernehmen. Seither habe er sich auf dieser Position bewährt. Was spräche deshalb wirklich dagegen, sie ihm endgültig anzuvertrauen?
Der (noch) Schulleiter scheint von der Sympathiekundgebung gerührt gewesen zu sein und sie auch genossen zu haben. Die Entscheidung, wie es auf Scharfenberg weiter gehe, liege letztendlich in der Hand von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), sagte er. "Sie kennt die Situation hier."
Die Schulfarm Insel Scharfenberg feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Am offiziellen Festakt am 3. September nahm auch die Bildungssenatorin teil. Matthias Völzke hat bei seiner Rede eine Vision dieses besonderen Schulstandorts skizziert. Er solle ein "Leuchtturm" sein. Ebenso wie ein "gallisches Dorf", sagte er. Zum gallischen Dorf, analog dem Abwehrkampf aus den Asterix-Comics, scheint sich Scharfenberg gerade anhand seiner Personalie zu entwickeln.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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