„Wir machen Völkerverständigung!“
Michael Vrazitulis ist Vorsitzender der Deutschen Esperanto-Jugend

Michael Vrazitulis ist Vorsitzender der Deutschen Esperanto-Jugend. | Foto: Ulrike Martin
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Was ist Esperanto? Wörtlich übersetzt „ein Hoffender“ und laut Wikipedia die am weitesten verbreitete Plansprache – also keine natürlich gewachsene, sondern eine konstruierte Sprache. Wer spricht sie? Weltweit rund eine Million Menschen. Geschaffen 1887 von dem Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof, sollte sie der Völkerverständigung dienen.

Dieses idealistische Ziel gilt noch heute, auch wenn es durch das Erlernen allein nicht getan ist. Und es hat auch für junge Menschen eine große Bedeutung: Auf der Website der Deutschen Esperanto-Jugend (DEJ) steht als Leitsatz: „Wir machen Völkerverständigung!“ Jugend engagiert sich demnach – „Junularo engaĝiĝas“.

Esperanto lernen ist leicht

Wie das funktioniert, weiß Michael Vrazitulis, Vorsitzender der DEJ, die 1951 als Jugendverband des Deutschen Esperanto-Bundes gegründet wurde. Der 23-jährige Student mit deutscher Mutter und griechischem Vater wuchs mit beiden Kulturen auf – eine Motivation, sich für Sprachen zu interessieren. 2014, zwei Jahre vor dem Abitur, begann er neben Italienisch auch Esperanto zu lernen, „was wesentlich einfacher war“. Die leichte Erlernbarkeit war auch das Hauptanliegen des Schöpfers Zamenhof, denn schließlich sollte Esperanto es möglich machen, schnell mit Menschen aus anderen Ländern kommunizieren zu können, statt zuerst die Hürden der babylonischen Sprachverwirrung überwinden zu müssen.

Weiter Blick über den Tellerrand

Für Vrazitulis folgten 2016 die ersten Treffen mit jungen Leuten aus anderen Ländern. „Das war ein richtiger Wow-Effekt“, sagt er. Es gab zahlreiche Gespräche, einen regen Austausch und vor allem ging es auch immer um das Eintreten für Sprachgerechtigkeit als Beitrag zum Hauptziel Völkerverständigung. „Wir sind generell eine Lobby, die sich gegen Diskriminierung und Rassismus im Allgemeinen einsetzt, im Speziellen gegen die Unterdrückung von Minderheitensprachen, zum Beispiel bei indigenen Sprachen“, erklärt Vrazitulis. Sprache sei schließlich politisch und könne auch ein Machtmittel sein. Durch die internationalen Treffen von Esperanto-Jugendverbänden ergebe sich ein weiter Blick über den Tellerrand. Das gegenseitige Verständnis werde gefördert, egal wie groß die gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede sind. „Die Vernetzung ist wichtig, wir lernen sehr viel voneinander“, sagt Vrazitulis. Sein Fazit: „Esperanto ist kein Wundermittel, um alle politischen oder sonstigen Konflikte weltweit zu lösen, aber ein wichtiger Beitrag zur Völkerverständigung."

Zum Stichwort kultureller Austausch: ein guter Ansatz für länderübergreifende Projekte. Beim weltweiten Kongress des Esperanto-Jugend Weltverbandes, dem Tutmonda Esperantista Junularo Organzi (TEJO), der Ende August in den Niederlanden stattfand, wurde ein eigenes Musical entwickelt und auf die Bühne gebracht. „Innerhalb von TEJO haben wir noch weitere Pläne“, erzählt Vrazitulis, „wir wollen Podcasts erstellen oder auch eine kleine Filmserie.“ Was es bereits gibt: Songs auf Esperanto und Übersetzungen von traditioneller und moderner Literatur aus zahlreichen Ländern, unter anderem auch aus Japan.

Weitere Aktivitäten bei der Deutschen Esperanto-Jugend sind Beteiligungen an Projekten zu Themen rund um Umwelt oder Klima, etwa bei Fridays for Future oder Foodsharing.de. Außerdem gibt es ein breitgefächertes Bildungsangebot, denn neue Mitglieder bis zum Alter von 27 Jahren sind herzlich willkommen.

Neutrale Sprache, die verbindet

Die Grundlagen von Esperanto, die noch heute gültig sind, wurden 1887 von dem Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof entwickelt. Zamenhof wuchs in der heute polnischen, damals zum Russischen Reich gehörenden Stadt Bjelostock auf. Auf Grund der ethnisch diversen Bevölkerung von Polen, Litauern, Deutschen und vor allem Juden, bildeten sich ghettoartige Strukturen. Oft gab es körperliche Auseinandersetzungen und Pogrome. Zamenhof hatte den idealistischen Gedanken, dass eine neutrale Sprache Ethozentrismus – die Voreingenommenheit eines Individuums gegenüber ihm fremden Gruppen – verhindern könne und damit ein Schlüssel zum Weltfrieden wäre.

Wer jetzt Interesse hat, findet unter https://www.esperantoajugend.de/ alle Details zur DEJ. Sprachkurse und Online-Wörterbücher, Zeitschriften und E-Books sind aufgelistet. So bietet Heinz-Wilhelm Sprick einen virtuellen Esperanto-Kurs für Anfänger an. Auch alle anderen Infos sind auf der Seite zu finden, die nächsten Treffen oder die Mitgliederzeitschrift. Die Geschäftsstelle der DEJ befindet sich in der Katzbachstraße 25 in Kreuzberg, Telefon: 030/42 85 78 99, E-Mail gej.fe@esperanto.de.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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