Systemvergleich auf der Leinwand
Willy-Brandt-Haus zeigt drei Ausstellungen zu Kino in der DDR und BRD
Eine Trilogie zur deutschen Filmgeschichte ist noch bis 22. März im Willy-Brandt-Haus zu sehen.
"Aufbruch und Umbruch" heißt der größte Part. Er ist umschrieben als "Hommage an den Neuen Deutschen Film". Die Aufnahmen dazu lieferte der Fotograf Beat Presser.
Genauer gesagt müsste es Neuer Westdeutscher Film heißen. Erinnert wird an bundesrepublikanische Kinoproduktionen der 1960er- bis 80er-Jahre, als die Regisseure und Produzenten vor allem ihre gesellschaftliche Mission entdeckten.
Der Hinweis auf das westdeutsche Schaffen ergibt sich auch durch die beiden weiteren Ausstellungsteile, die eigentlich als Einheit zu betrachten sind. Zum einen bestehen sie aus Schauspieler- und Setporträts bekannter DDR-Darsteller. Zum anderen umfassen sie Filmplakate von Defa-Produktionen ab den 50er-Jahren bis kurz vor der friedlichen Revolution. Alles zusammen ergibt eine Art cineastischen Systemvergleich. Und sorgt für manche Anregungen und Gedanken.
Bei der Hommage an die Filmerneuerer der alten Bundesrepublik tauchen zahlreiche Protagonisten unterschiedlichster Sparten auf, Schauspieler wie Mario Adorf, Bruno Ganz, Hanna Schygulla. Aber auch Regisseure und Produzenten wie Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Volker Schlöndorff, Margarete von Trotta. Sie waren zusammen mit anderen zwei Jahrzehnte lang prägend in Stil und Intention. Viele ihrer Filme sind Klassiker ("Die verlorene Ehre der Katharina Blum", "Paris, Texas"), andere sind eher vergessen. Aber auch Filmkritiker oder Kinobetreiber werden in der Schau beleuchtet.
Demgegenüber stehen die Filmplakate, die für die Kino-Hinterlassenschaft der DDR stehen. Komisch, dass ein Streifen wie "Solo Sunny" selbst bei westdeutscher Sozialisation viele Emotionen weckt. Der Film ist leicht, schräg, trotzdem nicht flach. Von der "Legende von Paul und Paula" ganz zu schweigen.
Vielleicht liegt das gerade am Hintergrund. Solche Produktionen in Ostdeutschland zu realisieren, erforderte unendlich mehr Phantasie, Aufwand und Auseinandersetzungen. Trotz dieser Voraussetzungen schafften es auch kritische Filme, sich irgendwie an der Zensur vorbei zu mogeln. Andere Produktionen landeten bis zur Wende im Giftschrank. Dafür stehen zum Beispiel heutige Klassiker wie „Das Kaninchen bin ich“ oder „Spur der Steine“.
Der dritte Teil, die von Michael Weidt aufgenommenen DDR-Darstellerporträts, sorgen wiederum für ein weiteres Déjà-vu. Sie erinnern daran, wie viele heute bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler in der DDR ihre Karriere begonnen haben. Dazu zählen der inzwischen verstorbene Ulrich Mühe, Henry Hübchen, unter anderem vertreten mit einem Foto von 1971, Uwe Kokisch, Michael Gwisdek oder Corinna Harfouch, ab 2022 neue Berliner Tatort-Kommissarin. Sie und noch weitere waren oder sind gesamtdeutsche Kino- und Fernsehstars geworden.
Stresemannstraße 28. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Eintritt frei, Ausweis erforderlich.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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