Abschied vom „Dorfschulzen“: Günter König starb mit 82 Jahren

Günter König (1933-2015). | Foto: Thomas Frey
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Kreuzberg. Bis zuletzt war er regelmäßiger Besucher der BVV-Sitzungen. Die Bezirkspolitik und was seine Nachfolger dort so anstellen, hat Günter König auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst interessiert. Über den einen oder anderen Aufreger konnte er sich amüsieren.

Am 6. September ist der ehemalige Kreuzberger Bürgermeister im Alter von 82 Jahren gestorben. Rathauschef war Günter König von 1989 bis 1992. Relativ kurze Zeit, aber umso bewegtere Jahre. Denn der Sozialdemokrat amtierte in der Zeit von Mauerfall und Wiedervereinigung, einschließlich all dem, was sich daraus für Kreuzberg ergab.

Die Grenzöffnung habe er damals in Nicaragua mitbekommen, erinnerte sich Güter König im vergangenen November anlässlich des 25. Jahrestags des Mauerfalls im Gespräch mit der Berliner Woche.

Schnelle Entscheidungen und manche spontane Improvisation waren jetzt gefragt. Als er davon erzählte war Günter König noch ein Vierteljahrhundert später in seinem Element. Wie in der Partnerstadt Wiesbaden Busse organisiert wurden, um die Besuchermassen aus dem Ostteil zu transportieren. Oder wie seine Verwaltung Jagd auf Händler machte, die Bananen zu überteuerten Preisen verkauften.

Das Wirken als „Dorfschulze“, wie er sich gerne nannte, war natürlich der Höhepunkt in seinem beruflichen und politischem Leben. Aber es lässt sich längst nicht allein darauf reduzieren. Geboren in Kreuzberg begann er im dortigen Rathaus in den 1950er Jahren seinen Dienst als Beamtenanwärter. Er war bald ein enger Mitarbeiter des schon damals legendären Bürgermeisters Willy Kressmann, etwa als dessen Büroleiter. Seit 1959 Mitglied der SPD wurde er 1975 Stadtrat für Jugend und Sport und damit Mitglied des Bezirksamtes. Diesen Posten bekleidete er bis zu seiner Wahl zum Rathauschef 14 Jahre später.

Schon diese Vita machte ihn zu einem Zeitzeugen. Zu einem Kreuzberger Urgestein, auch wenn Günter König nicht in der Vergangenheit verhaftet blieb. Dass er auch aktuell stets auf der Höhe der Zeit war, davon zeugten nicht nur seine Visiten im Bezirksparlament. Und wenn er Vergleiche zwischen früher und heute zog, passierte das meist mit einem Schuss Humor. Krawallmacher auf der BVV-Tribüne habe es schon zu seiner Zeit gegeben, erzählte er einmal. „Wir platzierten dann zwischen ihnen einige stämmige Mitarbeiter, etwa Hausmeister oder Pförtner.“ Das habe die Situation bereits beruhigt. Heute sei ähnliches schon wegen des Personalabbaus nicht mehr möglich.

Mit Günter König starb ein Stück Kreuzberger Geschichte. Eine Brücke zwischen einst und jetzt. Ein wacher Beobachter mit dem jedes Gespräch ein Gewinn war. Ein Mann, der bis zuletzt das verkörperte was er war. Ein Bürger König.

Günter König wird am 22. September um 10 Uhr auf dem St. Thomas-Kirchhof in der Hermannstraße 179-185 in Neukölln beigesetzt. Bis zu diesem Tag liegt im Bürgerbüro des SPD-Abgeordneten Björn Eggert in der Urbanstraße 1 ein Kondolenzbuch aus. Am 5. Oktober richten das Bezirksamt und die SPD im Nachbarschaftshaus Urbanstraße 21 eine Trauerfeier für Günter König aus. Sie beginnt voraussichtlich um 18 Uhr. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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