Lichtenrader Künstlerin erinnert sich an ihr Leben mit der Mauer
"Die gesamte Familie meiner Mutter, sie war damals gerade 18, blieb in Erkner und die Mauer, so lange sie stand, ein bestimmendes Familienthema", erinnert sich Sylvia Zeeck und erzählt, dass die Tagesbesuche in Ost-Berlin ein prägender Teil ihrer Kindheitserinnerung sind: "Zu jedem Fest, zu jedem Geburtstag, immer dieser lange Weg, dieses lange Warten an der Grenze, das grelle Licht, dieses kalte Gefühl von Gefahr und Misstrauen, welches die Grenzer ausstrahlten." 28 Jahre lang.
Und nachdem die Mauer gefallen war, dann das Paradoxe: "Meine Cousine habe ich beispielsweise nur noch einmal wiedergesehen. Die Grenze war weg, doch unsere Verbindung wurde wohl nur gehalten durch den großen Traum der Freiheit. Wir hatten uns plötzlich nichts mehr zu sagen. Wie auch? Wir sprachen doch nur über Träume. Auch ich brauchte viele Monate, bis ich es wagte, das Brandenburger Land zu erforschen und zu verstehen, es ist keine Traum."
Die Eltern der Künstlerin wohnen heute wieder in der Nähe von Erkner. Anlässlich des 25-jährigen Mauerfalljubiläums hat die Künstlerin den Traum der Freiheit und das familiäre Trauma in ein stacheldrahtbewährtes Kunstwerk mit dem Titel "Vorsicht, Pfauenauge!" umgesetzt. Entstanden ist ein Pfau als stolzer, freier Vogel. Er schreitet mutig über die Mauer hinweg. "Ein feierlicher Tag. Doch sein Gefieder scheint immer noch durchwachsen von den gefahrvollen Erinnerungen. Der Pfau symbolisiert für mich genau dieses Besondere, das Feierliche, das sich jedes Mal "herausputzen" beider Seiten zu den Festtagen. Der bittere Beigeschmack wird symbolisiert durch Stacheldraht, der sich unscheinbar durch das Gefieder zieht." Dank ihrer ungewöhnlichen Sicht der Dinge und durch das Talent, aus Fundstücken Kunstwerke zu konstruieren, schafft Zeeck neue und verblüffende Zusammenhänge.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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