Sinnvolles Teilen in der Großsiedlung: Projekt der Waldorfschule
Waldorfschüler aus dem Märkischen Viertel haben ein Projekt gestartet, von dem der gesamte Ortsteil profitieren kann: Eine Internetplattform zum Leihen, Schenken, Vermieten und Tauschen.
Noch ist das Angebot bescheiden: Unter der Rubrik Angebote steht eine Sprossenwand, die Gebrauchsspuren aufweist. Dem Anbieter ist sie 50 Euro wert.
Die Preisangabe weist dabei eigentlich in die falsche Richtung. Die Internetseite www.share-ber.de wurde ins Leben gerufen, um die klassische Wirtschaft in Frage zu stellen. Ein Kurs der zwölften Klasse der Waldorfschule Märkisches Viertel, Treuenbrietzener Straße 28, hat die Plattform als umweltschonendes und ressourcensparendes Projekt auf den Weg gebracht.
Bevor es soweit war, haben sich die Schüler und ihr Lehrer Michael Benner mit Theorien befasst, die dem ökonomischen Laien sperrig und ungewohnt vorkommen: Postwachstumsökonomie, Bruttonationalglück, Gemeinwohlökonomie. Die drei Denkrichtungen werden spätestens dann sinnvoll, wenn die Probleme des herkömmlichen Wirtschaftens der westlichen Welt sichtbar werden: Rohstoffe, die endlich sind und damit die Frage aufwerfen, ob es irgendwann Kriege um die letzten Reserven geben wird. Müllberge, die unendlich wachsen, und schließlich die Frage, ob ein gut gefülltes Konto wirklich Grundlage für Glück sein kann.
Idee des materiellen Austauschs
Die großen Fragen führten zu einem Lösungsversuch im Kleinen. „Im Märkischen Viertel wohnen sehr viele Menschen dicht beieinander. Da liegt die Idee nahe, sich auch materiell auszutauschen“, sagt Michael Benner. Nach der Beschäftigung mit den großen Theorien wurde es für die Schüler sehr praktisch. Eine Internetseite musste gestaltet werden. Dazu gab es rechtliche Fragen: Auf der Seite sind Musterverträge zu finden, damit die Nutzer abgesichert sind. Allerdings muss sich niemand daran halten. Wie sich Anbieter und Nachfrager verständigen, ist allein deren Sache.
Michael Benner hat Erfahrung mit der Verbindung von Unterricht und Praxis. Als er und seine Schüler sich 1996 mit Edelsteinen befassten, war das nicht nur ein Exkurs in Geologie und Wirtschaft. Es entstand die Schülerfirma Steinbrücke, die fair mit den Steinen handelt. Sie gibt es bis heute.
Ob das auch mit dem Tauschprojekt geschehen wird, wird die Zukunft zeigen. Bei einer Präsentation im Einkaufzentrum Märkisches Zentrum kam das Projekt jedenfalls gut an. Die Waldorfschüler haben zudem einen wichtigen Partner gefunden: Die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau, größter Vermieter im Märkischen Viertel, macht in ihren Gebäuden auf die Plattform aufmerksam. Michael Benner und seine Schüler bei der Projektpräsentation im Märkischen Zentrum.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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