CDU geht trotz bestem Wahlergebnis aller Parteien wohl leer aus
Gordon Lemm (SPD) soll durch ein Fünf-Parteien-Bündnis zum Bürgermeister werden

Wer leitet die kommenden fünf Jahre das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf und zieht als Bürgermeister ins Rathaus am Alice-Salomon-Platz ein? Eine Vorentscheidung zugunsten von Gordon Lemm (SPD) gegenüber Nadja Zivkovic (CDU) scheint gefallen. | Foto: Philipp Hartmann
5Bilder
  • Wer leitet die kommenden fünf Jahre das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf und zieht als Bürgermeister ins Rathaus am Alice-Salomon-Platz ein? Eine Vorentscheidung zugunsten von Gordon Lemm (SPD) gegenüber Nadja Zivkovic (CDU) scheint gefallen.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Bei der Wahl zur neuen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 26. September war die CDU durchaus überraschend stärkste Partei. Wie es nun aussieht, dürfte die CDU-Spitzenkandidatin Nadja Zivkovic, bisher Stadträtin, dennoch nicht neue Bürgermeisterin werden.

Denn die SPD, mit 20,3 Prozent nur knapp hinter der CDU (20,8%) gelegen, arbeitet an einem Bündnis aus fünf Parteien, um ihren Spitzenkandidaten Gordon Lemm (bisher ebenfalls Stadtrat) zum Bürgermeister zu machen. Dafür müssen sich die Sozialdemokraten mit den Linken (19,9%) und Grünen (6,9%), der FDP (5,3%) sowie der erstmals in der BVV vertretenen Tierschutzpartei (5,0%) zusammenschließen. Gemeinsam kommen diese Fünf in der 55-köpfigen BVV auf 33 Sitze (zwölf SPD, elf Linke, vier Grüne, je drei FDP und Tierschutzpartei). 28 Sitze werden für eine Mehrheit benötigt. Die CDU wiederum, die genau wie die SPD auf zwölf Sitze kommt und ausgeschlossen hat, mit der AfD (zehn Sitze) ein Bündnis zu bilden, müsste sich mit FDP, Grünen, Tierschutzpartei und Linken zusammentun, um einen SPD-Bürgermeister zu verhindern.

Seit 2016 ist Gordon Lemm Stadtrat für Schule, Sport, Jugend und Familie. Nun wird der Sozialdemokrat wohl neuer Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf. | Foto: Philipp Hartmann
  • Seit 2016 ist Gordon Lemm Stadtrat für Schule, Sport, Jugend und Familie. Nun wird der Sozialdemokrat wohl neuer Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Dazu dürfte es jedoch nicht kommen, denn SPD, Linke und Grüne führten bereits aussichtsreiche Gespräche „über die Bildung eines fortschrittlichen Bündnisses für soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung für Marzahn-Hellersdorf“, wie sie in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärten. Diese hätten demnach „in einer besonders vertrauensvollen Atmosphäre“ stattgefunden. Alle drei Parteien seien sich dessen bewusst, dass der Bezirk vor enormen Herausforderungen stehe. So müsse der Wohnungsneubau verträglich gestaltet werden, Schulplätze müssten schneller geschaffen, der Klimaschutz endlich ernst genommen und der Ausbau sicherer Fußwege, attraktiver Radwege sowie neuer Angebote bei Bus und Bahn vorangetrieben werden. „Alle drei Parteien eint die Auffassung, dass diese Aufgaben nicht gelöst werden können mit jenen Kräften, die Fortschritt bekämpfen und die Interessen der Großsiedlung gegen das Siedlungsgebiet gegeneinander ausspielen“, heißt es. Auch mit der Tierschutzpartei und der FDP seien gute Gespräche geführt worden. Bei der ersten Sitzung der neuen BVV am 4. November wird der neue Bürgermeister wohl noch nicht gewählt. Dies könnte sich noch bis Anfang Dezember hinziehen.

Als stärkste Kraft bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung hatte auch die CDU den Anspruch, mit ihrer bisherigen Stadträtin Nadja Zivkovic die neue Bürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf zu stellen. Dementsprechend enttäuscht zeigten sich die Christdemokraten und äußerten heftige Kritik an den anderen Parteien. „Das geplante Linksbündnis widerspricht einer seit vielen Jahren im Bezirk gelebten demokratischen Regel, dass die drei größten Parteien ideologiefrei und pragmatisch an einem Strang ziehen, um für die Menschen wichtige Projekte zu realisieren“, erklärten der CDU-Kreisvorsitzende in Marzahn-Hellersdorf und zukünftige Bundestagsabgeordnete Mario Czaja sowie Johannes Martin (ehemaliger Stadtrat), der als neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion in der BVV auf Alexander Herrmann folgt, der wiederum ins Abgeordnetenhaus einzieht.

Inmitten der vergangenen Legislaturperiode wurde Nadja Zivkovic (CDU) Mitglied des Bezirksamts. Seit Dezember 2018 ist sie Stadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen als Nachfolgerin von Johannes Martin. | Foto: Philipp Hartmann
  • Inmitten der vergangenen Legislaturperiode wurde Nadja Zivkovic (CDU) Mitglied des Bezirksamts. Seit Dezember 2018 ist sie Stadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen als Nachfolgerin von Johannes Martin.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

„Wir stehen für den Erhalt unserer grünen Innenhöfe statt maßloser Verdichtung, für eine ausgewogene Verkehrspolitik, die den Stadtrand nicht aus dem Blick verliert, und für neue Schulen, Kitas und Ärztehäuser sowie den Bau unseres Freibades. Die Wählerinnen und Wähler haben der bisherigen Innenstadtpolitik eine klare Absage erteilt und uns mehrheitlich das Vertrauen für einen Politikwandel ausgesprochen“, so Czaja und Martin. „Nun wird unsere Partei, die bei den Wahlen auf allen drei Ebenen klar gesiegt hat - mit dem Direktmandat für den Bundestag, drei gewonnenen Abgeordnetenhauswahlkreisen und als stärkste Kraft im Bezirksparlament - von linken Ideologen ausgegrenzt und an ihrem klaren Gestaltungsauftrag gehindert werden.“ Das sei eine „rein ideologisch geprägte Missachtung der zigtausenden Wähler, die die CDU in Marzahn-Hellersdorf in Verantwortung sehen wollen“. Sie seien „schockiert über so viel politische Unvernunft und Borniertheit seitens der örtlichen SPD und der Linken“.

Ganz anders dagegen ist die Stimmung bei der SPD. „Als eine der stimmstärksten Kräfte in der künftigen BVV sehen wir den Auftrag, Verhandlungen für ein starkes Bündnis mit einem Bürgermeister Gordon Lemm zu führen. Denn unser Ziel ist es, ein familienfreundliches und barrierefreies Marzahn-Hellersdorf für alle zu ermöglichen, das seine Interessen als Außenbezirk mit starker Stimme vertritt“, erklärte die SPD-Bezirksvorsitzende Iris Spranger. „In einem Bündnis neuer Mehrheiten sehen wir die Chance für einen Aufbruch, erkennen wir den Mut, Neues anzupacken. Wir wollen gemeinsam unseren Bezirk unter den sich verändernden Herausforderungen durch die Klimakrise und den Bevölkerungszuwachs lebenswerter gestalten“, so die Bündnisgrünen Julia Scharf und Pascal Grothe.

Juliane Witt (Linke) wird von ihrem Parteikollegen Kristian Ronneburg beglückwünscht, weil sie auch im neuen Bezirksamt als Stadträtin weitermachen wird. Eigentlich wollte sie jedoch Bürgermeisterin werden. | Foto: Die Linke Marzahn-Hellersdorf
  • Juliane Witt (Linke) wird von ihrem Parteikollegen Kristian Ronneburg beglückwünscht, weil sie auch im neuen Bezirksamt als Stadträtin weitermachen wird. Eigentlich wollte sie jedoch Bürgermeisterin werden.
  • Foto: Die Linke Marzahn-Hellersdorf
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Auch die Linkspartei blickt optimistisch in die Zukunft, obwohl sie den Bürgermeisterposten eingebüßt hat. Eigentlich wollte Stadträtin Juliane Witt ihrer Parteikollegin Dagmar Pohle folgen, die am 15. Oktober ihren letzten Arbeitstag hatte und jetzt im Ruhestand ist. Stattdessen wird sie nun in den kommenden fünf Jahren als Stadträtin weitermachen. Die Delegierten der Linken in Marzahn-Hellersdorf sprachen ihr dabei das Vertrauen aus. Als Kandidatin der Linken für das Bezirksamt erhielt sie 100 Prozent Zustimmung. „Mit Juliane Witt als unserer Bezirksstadträtin werden wir den Fokus auf eine ökologische Stadtentwicklung setzen, die Neubau ermöglicht, aber Grünanlagen und den Charakter des Bezirks erhält“, sagte der Bezirksvorsitzende Kristian Ronneburg. Bis das neue Bezirksamt gewählt ist, hat Juliane Witt als dienstältestes Bezirksamtsmitglied die Leitung des Bezirksamts inne. Neuer Vorsteher der BVV soll ihr Parteikollege Steffen Ostehr werden.

Steffen Ostehr von der Linkspartei soll neuer BV-Vorsteher werden und würde damit auf Kathrin Henkel (CDU) folgen. | Foto: Die Linke Marzahn-Hellersdorf
  • Steffen Ostehr von der Linkspartei soll neuer BV-Vorsteher werden und würde damit auf Kathrin Henkel (CDU) folgen.
  • Foto: Die Linke Marzahn-Hellersdorf
  • hochgeladen von Philipp Hartmann
Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 382× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 680× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 658× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.065× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.