Fachleute diskutieren über eine attraktivere Turmstraße
Wenn man regional Erzeugtes kaufen und Handwerksbetriebe ihre Produkte im Einzelhandel verkaufen könnten, sei das Qualität, meint die Branchenkoordinatorin für den Handel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, Meike Al-Habash. Qualität sei relativ, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Carsten Spallek (CDU). Aldi beispielsweise liefere Qualität. "Was man erwartet, erhält man dort." Qualität könne man nicht definieren. Es müsse das vor Ort vorhanden sein, was eine bestimmte Kundschaft brauche, so Sabine Slapa, Geschäftsinhaberin von "die raumplaner".
Seit 2008 ist Moabit im Bund-Länder-Programm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren". Slapas Büro für Stadt- und Regionalentwicklung ist seit 2011 vom Bezirksamt beauftragt, die Turmstraße zu einem attraktiven und funktionsfähigen Einkaufsstandort zu entwickeln. In jenem Jahr wurde die Turmstraße zum Sanierungsgebiet erklärt. Das Büro hat ein "Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße" eingerichtet.
Potenzial hat diese traditionelle Geschäftsstraße. Sie ist sehr gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen. Auf der Turmstraße und ihren Nebenstraßen sind über 500 Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleister ansässig. Über 67 Prozent sind inhabergeführt. Hinzukommen bedeutende Einrichtungen wie das Rathaus, das Brüder-Grimm-Haus und die Arminiusmarkthalle. Noch vor zwei Jahren hätten die Gewerbetreibenden vor Ort den Niedergang gefürchtet, sagt Stadtplaner und Geschäftsstraßenmanager Holger Weichler. Wichtig für die Entwicklung der Turmstraße seien "Kristallisationspunkte" wie die Filiale der Bio-Company oder das neue Hertie-Haus. Auf dem verbliebenen Gelände des ehemaligen Kaufhauses soll es weiteren Einzelhandel und studentisches Wohnen geben. Den Geschäftsleuten werde jetzt eine Perspektive gegeben, sagt Holger Weichler. "Die Straße ist nicht tot."
Das Zauberwort für die Turmstraße heißt Branchenmix. Der ist momentan nicht gegeben. Bei Nahrungs- und Genussmitteln sei das Sortiment zu einseitig, sagt Sabine Slapa. "Was wir uns wünschen, sind mehr Spezialitätengeschäfte." Gleichzeitig müsse die Zahl der Backshops sinken. Gegenwärtig gibt es 49 davon. Ebenso seien zu viele Imbisse (80 Stück) und Friseursalons vorhanden. Dem gegenüber stehen zu wenige Fachgeschäfte für Sportbekleidung, Bademode und Sportschuhe sowie Modegeschäfte für alle Altersgruppen. Es wird sich noch zeigen müssen, ob das Zentrumskonzept der "raumplaner", das 2013 von den Bezirksverordneten verabschiedet wurde, Erfolg hat. Für Jens Nyhues gibt es kein Patentrezept. 80 Prozent des Handels in Berlin würden Filialketten umsetzen, weiß der Referent für Zentren und Einzelhandel in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. "In Berlin gibt es 84 große Einkaufszentren. Sie machen die Masse. Es wird schwierig, sich dagegen zu behaupten."
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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