Bürgermeister wirft Sozialsenator mangelnde Entscheidungsfreude vor

Per Schild, auf dem eine Nummer steht, werden die Flüchtlinge aufgerufen. | Foto: Josephine Klingner
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Moabit. Die Situation der Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) spitzt sich zu. Asylbewerber würden nicht ausreichend medizinisch versorgt, müssten unter freiem Himmel kampieren. Hilfsorganisationen seien am Ende ihrer Kräfte.

Bürgermeister Christian Hanke (SPD) ist entrüstet über die „katastrophalen Zustände für die Geflüchteten“, verlangt von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), endlich zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Wenn das nicht geschehe, „werden wir in den nächsten Wochen und Monaten auf ein Desaster zulaufen“. Lösungen, um die humanitäre Lage zu verbessern, habe der Bezirk längst mit der Ärztekammer, den Johannitern, der Caritas, der Initiative „Moabit hilft“ und dem Lageso entwickelt. Was fehle, seien die politischen Entscheidungen. „Man hat den Eindruck, dass in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales die Situation vor Ort schön geredet, nicht wahrgenommen oder geleugnet wird“, sagt Hanke.

Er fordert Senator Czaja auf, die medizinische Erstversorgung mittels eines ganztägig geöffneten Medi-Points auf dem Gelände des Lageso und einem angemessen Budget an Medikamenten zu verbessern. Gleiches gelte für die Grundversorgung mit Trinkwasser, Nahrung und Hygieneartikeln. Zudem sei es Aufgabe des Senats, dass die Geflüchteten nicht in die Obdachlosigkeit geraten. „Es ist nicht mehr akzeptabel, dass Flüchtlinge in Parkanlagen übernachten, von Privatleuten oder Kirchen und Moscheen aufgenommen werden.“

Mittlerweile stoßen auch die Mitarbeiter des Lageso an ihre Grenzen und ehrenamtlichen Helfer verlieren die Geduld aufgrund der mangelnden staatlichen Unterstützung. Erstes Zeichen: Die Initiative „Moabit hilft“ hat ihre koordinierenden Tätigkeiten eingestellt – mit sofortiger Wirkung. „Der Senat ist dazu verpflichtet, die humanitären Bedingungen zu schaffen. Das ist nicht Aufgabe einer Bürgerinitiative“, sagt Sprecherin Diana Henniges. Weil Lageso und Senatsverwaltung die Flüchtlinge nicht vor der Obdachlosigkeit bewahren, erwägt die Initiative nun auch Anzeige zu erstatten.

In der Senatsverwaltung wundert man sich indes über die Vorwürfe Hankes. Gerade habe Czaja der SPD-Fraktion in der Koalitionsrunde zum Fachausschuss „Haushalt“ Rede und Antwort zu den Flüchtlingen gestanden. Jetzt schieße der Bezirk mit schweren Geschützen zurück. Bestes Beispiel für die Arbeit der Senatsverwaltung sei der am 11. August eingerichtete Koordinierungsstab, der sich mit dem Management auf dem Gelände des Lageso befasst. „Die medizinische Versorgung hat sich bereits verbessert. Ein Arzt und zwei Sanitäter der Johanniter und ein Rettungswagen für die Notversorgung sind vor Ort“, sagt Sprecherin Regina Kneiding. Gerade werde ein Sanitätszelt aufgebaut. Für Kinder und Schwangere seien Räume eingerichtet worden, damit sie sich nicht mehr im Freien aufhalten müssen. Die unhygienischen mobilen Toiletten wurden abgeschafft. Stattdessen können die Flüchtlinge nun die WCs in mehreren Häusern am Lageso benutzen. Seit Mitte August kümmert sich die Caritas um die Organisation und Koordination vor Ort. Und momentan werde Personal aus anderen Senatsverwaltungen akquiriert. Sie sollen künftig die Mitarbeiter des Lageso unterstützen.

Um die Situation zu entspannen und Flüchtlingen eine Unterkunft zu bieten, seien das Flughafengebäude in Tempelhof und ein Bürohaus am Fehrbelliner Platz im Gespräch. Langfristig werde ein Bürogebäude an der Bundesallee in Betracht gezogen. „Das ist aber nicht in Besitz des Landes Berlin und muss erst gekauft werden“, so Kneiding. JK

Autor:

Josephine Klingner aus Tegel

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