Hölzerne Bühnenstars im Hinterhof
Berlins einziges Puppentheatermuseum entführt in eine bunte Welt voller Überraschungen

Mitglieder des Puppentheaterteams: Angela Löge, Elke Bremer, Dietmar Mross und Uwe Framenau. Mit dabei auch "Hausmeister" Blasius Manfredi, eine Puppe von Alejandro Corral. | Foto:  Schilp
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  • Mitglieder des Puppentheaterteams: Angela Löge, Elke Bremer, Dietmar Mross und Uwe Framenau. Mit dabei auch "Hausmeister" Blasius Manfredi, eine Puppe von Alejandro Corral.
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Tritt der Besucher durch die Haustür der Karl-Marx-Straße 135, verlässt er den grauen Alltag und taucht in eine andere Welt ein. Gleich auf dem Hof wird er von bunten fliegenden Figuren begrüßt. Und im Inneren des Puppentheatermuseums wimmelt es von lustigen, unheimlichen, eleganten und wundersamen Gestalten.

Rund 220 Marionetten, Stab- und Handpuppen bevölkern den Raum: Kasper, Zauberer, Ritter, Edelmänner, Clowns, Hexen, Teufel, alles ist dabei. Die meisten sind aus Holz geschnitzt, überwiegend kommen sie aus Deutschland und Tschechien, gefertigt in den Jahren zwischen 1875 und 1990. Zusammengetragen hat sie der inzwischen verstorbene leidenschaftliche Sammler Nikolaus Hein, der dort vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Heimstatt für seine Schätze fand. Allerdings reicht der Platz längst nicht für alle: Der Gesamtfundus umfasst etwa 4000 Figuren.

Echte Raritäten

„Alle unsere Puppen haben wirklich auf der Bühne gestanden“, sagt Uwe Framenau vom Verein Puppentheater Museum Berlin. So wie die etwa 70 Zentimeter großen Marionettenausgaben von Fred Astaire und Ginger Rogers, die in den 1920er-Jahren im Friedrichstadtpalast für unterhaltsame Intermezzi sorgten. In der Vitrine nebenan ist eine echte Rarität zu bewundern: eine Metamorphose, also eine Verwandlungsfigur. Aus der Kiepe eines Gemüsehändlers kann der Puppenspieler in Sekundenschnelle einen Zauberer auftauchen lassen, der mit seinem herabfallenden Mantel den Korbträger verdeckt. „So etwas gibt es nur noch zwei- bis dreimal auf der ganzen Welt“, so Framenau.

Ein Hingucker ist der Handpuppenturm mit vielen Figuren des berühmten Puppenbauers Fritz Herberg Bross. Die Große Paradefihur ganz oben (um 1930) stammt aus Hildebrandts Original Kasper Theater. | Foto: Fabien Prauss
  • Ein Hingucker ist der Handpuppenturm mit vielen Figuren des berühmten Puppenbauers Fritz Herberg Bross. Die Große Paradefihur ganz oben (um 1930) stammt aus Hildebrandts Original Kasper Theater.
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Die berühmteste Puppe, der Kasper, ist natürlich in vielen Versionen präsent. Anfangs sah er längst nicht so freundlich aus, wie die Kinder ihn heute kennen. Denn er unterhielt Erwachsene, oft mit derben Zoten. „Puppenspielerfamilien zogen jahrhundertelang mit Planwagen über Land, später mit Autos. Erst in den 1950er-Jahren lief das langsam aus“, erklärt Framenau. Auch während des Ersten und Zweiten Weltkriegs waren Puppen-Frontheater weit verbreitet und sollten die Soldaten erheitern, aber auch Propaganda verbreiten.

Ritter der "Opera dei Puppi", Die Arme werden mit speziellen Stäben bewegt, damit die Krieger schnell und kräftig zuschlagen können. | Foto: Schilp
  • Ritter der "Opera dei Puppi", Die Arme werden mit speziellen Stäben bewegt, damit die Krieger schnell und kräftig zuschlagen können.
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Das Museum kann mit vielen Stücken von namhaften Puppenbauern und Puppenspielerfamilien aufwarten. Ein Beispiel von vielen: In einer Vitrine sitzt eine komische Figur mit großen Ohren, gefertigt um 1924 von Gustav Nosek. Ein Modell für Hurvinek, der zwei Jahre später mit seinem Vater Spejbl eine sagenhafte Karriere starten sollte – bewegt vom Prager Marionettentheater. Ebenfalls beeindruckend sind die Stangenmarionetten der „Opera dei Puppi“, alle in Rüstung und kiloschwer. Sie sind die zentralen Figuren des sizilianischen Marionettentheaters, das seit 2001 zum Weltkulturerbe zählt. Die Aufführungen wollen an den sizilianischen Freiheitskampf erinnern, Hauptakteure sind Schwert schwingende Ritter. „Fürchterlich laut und albern“, urteilt Framenau. Schön ist es dennoch.

Ungewöhnliche Vitrinennachbarn

So sind im Museum kriegerische Gestalten Vitrinennachbarn von einem eierlegenden Vogel Strauß. Figuren, die Heinrich von Kleists Aufsatz „Über das Marionettentheater“ illustrieren, werden von einem Drachen beobachtet. Leonce und Lena aus Büchners berühmtem Stück vertragen sich mit Rotkäppchen. Wie man sieht: Das Puppentheater kennt kein Alter.

Übrigens gibt es auch eine zweite Etage im Museum. Dort finden wechselnde Ausstellungen statt. Zurzeit ist „Pandoras Panoptikum“ zu sehen, gestaltet von einem Künstlerinnenkollektiv. Es präsentiert ein Kabinett der Kuriositäten – von der Häkelmütze über Masken bis zur Skulptur aus Plastikabfällen.

Ein Heimtheater (um 1900) aus der Tschechoslowakei. Es wurde mit kleinen Stangenmaroinetten bespielt und diente bürgerlichen Familien als Zeitvertreib. | Foto: Schilp
  • Ein Heimtheater (um 1900) aus der Tschechoslowakei. Es wurde mit kleinen Stangenmaroinetten bespielt und diente bürgerlichen Familien als Zeitvertreib.
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Im Museum sind aber nicht nur Exponate zu bewundern, es stehen auch viele Veranstaltungen auf dem Programm. Aufführungen für Kinder gibt es regelmäßig, sie sind auf der Internetseite zu finden. Die nächste Veranstaltung für Erwachsene findet am Sonnabend, 18. März, um 20 Uhr statt. Dann bringt die Puppenspielerin Ignacia Durand „Faust“ auf die Bühne. Karten für 15, ermäßigt zehn Euro gibt es per E-Mail booking@puppentheater-museum.de.

Regulär hat das Puppentheatermuseum dienstags bis sonntags geöffnet. Zwischen 10 und 14 Uhr sind Kindergruppen nach Anmeldung unter Tel. 98 37 81 31 willkommen. Eine knapp einstündige spielerische Führung kostet 3,50 Euro pro Kopf. Von 14 bis 18 Uhr ist offen für alle, Eintritt sechs Euro, mit Berlinpass die Hälfte. Weitere Informationen im Internet unter puppentheater-museum.de.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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