Wenn Spätverkäufer sich zur Wehr setzen

Neukölln. Die Spätverkaufsstellen in der Karl-Marx-Straße fordern eine Gleichbehandlung mit den Tankstellen. Sie wollen auch am Sonntag öffnen. Doch so einfach ist die Umsetzung nicht.

Canan versteht die Welt nicht mehr. Wenn der Wahlberliner den Gewerbeschein für seinen Späti in der Karl-Marx-Straße liest, dann dürfte er eigentlich jeden Tag in der Woche 23 Stunden lang sein Geschäft öffnen. Doch er darf es eben nicht, sonntags ist zu. Denn anders als in anderen Bezirken wird in Neukölln nach dem Gesetz aus der Weimarer Republik streng darauf geachtet, dass die Läden auch geschlossen bleiben.

Der aus der Türkei stammende Geschäftsmann kann da nur mit dem Kopf schütteln: „Wir leben im 21. Jahrhundert. Die Gewohnheiten der Menschen haben sich verändert.“ Canan verweist auf die gegenüberliegende Tankstelle. Was die Kunden bei ihm nicht bekommen, holen sie sich dort. Denn für sie gilt das Gesetz offensichtlich nicht.

Am Gesetz etwas zu ändern, das sei allerdings schwierig. Bürgermeisterin Dr. Franziska Giffey (SPD) hatte jüngst in einer Tageszeitung erklärt, dass das Bezirksamt streng nach dem Gesetz vorgeht: „Wer die Situation ändern will, muss sich für eine Änderung der geltenden Rechtslage auf Bundesebene einsetzen.“ Der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrinck kann dem nur zustimmen: „Ich würde mir wünschen, dass Spätis sonntags öffnen dürfen, für mich gehören sie zu unserer Kiez- und Lebenskultur. Aber uns sind die Hände gebunden, solange der Sonntagsschutz Verfassungsrang hat."

Flexible Öffnungszeiten statt Kontrollen durch Ordnungsamt und Polizei – das wünscht sich Canan. Schließlich habe er eine Familie zu ernähren, zahlt dafür aber auch Steuern, Versicherung, Sozialabgaben. Mit dieser Einstellung stehe der Mitfünfziger nicht alleine da: „Wir haben uns jetzt mit acht Spätis in der Karl-Marx-Straße zusammengeschlossen und sammeln Unterschriften, damit wir sonntags öffnen dürfen."

Ein erster Schritt, viele Hürden: Denn laut Langenbrinck lehnen der Einzelhandelsverband Berlin, die Gewerkschaft verdi und die Kirchen die Späti-Sonntagsöffnung ab. Sie würden gegen eine Liberalisierung klagen: wegen Wettbewerbsverzerrung, Schutz des Arbeitnehmerinteresses und des Grundsatzes, dass Sonntag Ruhetag sei. KT

Autor:

Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg

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