Ein Koloss wird kommentiert
Neue Tafeln informieren über den Ort, über Ernst Thälmann und den Kult um seine Person

Seit 1986 prägt es den Bereich der Greifswalder Straße zwischen Danziger Straße und S-Bahnhof: das Ernst-Thälmann-Denkmal. Immer wieder wird sein Sockel mit Farbe beschmiert. | Foto: Bernd Wähner
4Bilder
  • Seit 1986 prägt es den Bereich der Greifswalder Straße zwischen Danziger Straße und S-Bahnhof: das Ernst-Thälmann-Denkmal. Immer wieder wird sein Sockel mit Farbe beschmiert.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Links und rechts neben der Zugangsfläche zum Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße stehen jetzt Tafeln. Auf denen ist mehr zur Geschichte des Ortes, zur Person Thälmanns sowie zum Denkmal selbst zu erfahren.

Diese Tafeln sind jetzt von BV-Vorsteher Oliver Jütting und Bürgermeisterin Cordelia Koch (beide Bündnis 90/ Die Grünen) enthüllt und der Öffentlichkeit übergeben worden. Seit Anfang der 1990er-Jahre wird um den Umgang mit dem monumentalsten Denkmal Ernst Thälmanns in Deutschlang diskutiert. Geschaffen wurde es vom sowjetischen Bildhauer Lew Kerbel, eingeweiht 1986 zur der Eröffnung der Wohnanlage Ernst-Thälmann-Park.

BV-Vorsteher Oliver Jütting (links) und Bürgermeisterin Cordelia Koch (daneben) übergaben die Tafeln der Öffentlichkeit.  | Foto:  Bernd Wähner
  • BV-Vorsteher Oliver Jütting (links) und Bürgermeisterin Cordelia Koch (daneben) übergaben die Tafeln der Öffentlichkeit.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Nach dem Fall der Mauer gab es immer wieder Forderung, das Denkmal abzureißen. Es gab auch Ideen, den gesamten Bereich umzugestalten. Doch umgesetzt wurde nichts davon. Stattdessen werden der Sockel und das Denkmal selbst immer wieder mit Farbe beschmiert beziehungswiese mit Schriftzügen versehen. Dieses Schicksal wird wohl auch die neuen Tafeln ereilen. Denn nach wie vor ist der Umgang mit dem Denkmal umstritten. 2013 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung auf Antrag der Grünen eine Kommentierung, welche „die Geschichte des Dargestellten und des Denkmals historisch kritisch aufarbeitet, kommentiert und anschaulich macht“. Ergänzend lobte das Bezirksamt 2019 einen deutschlandweit offenen Wettbewerb zur künstlerischen Kommentierung aus. 110 Künstlerinnen und Künstler beteiligten sich.

Der vom Preisgericht 2020 zur Realisierung empfohlene Entwurf „Vom Sockel denken“ der Berliner Künstlerin Betina Kuntzsch wurde 2021 fertiggestellt. Die historisch-kritische Kommentierung des Denkmals ist in den zurückliegenden Jahren unter Federführung der Gedenktafelkommission des Bezirks erarbeitet und nun abgeschlossen worden. Im Rahmen des Bund-Länder-Programms Städtebaulicher Denkmalschutz konnten die Tafeln finanziert werden.

„Wir freuen uns, dass es nun endlich eine Infotafel am Thälmann-Denkmal gibt, die die Figur Thälmanns, den DDR-Kult um seine Person und die Geschichte des Denkmals kritisch betrachtet“, kommentiert die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Hannah Wettig, die Einweihung.

BV-Vorsteher Oliver Jütting und Bürgermeisterin Cordelia Koch enthüllen einen der Tafel-Standorte mit der historisch-kritischen Kommentierung des Thälmann-Denkmals. | Foto: Bernd Wähner
  • BV-Vorsteher Oliver Jütting und Bürgermeisterin Cordelia Koch enthüllen einen der Tafel-Standorte mit der historisch-kritischen Kommentierung des Thälmann-Denkmals.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

„Dieser Koloss muss uns ein Mahnmal sein, Erinnerung an zwei Diktaturen und ihre fatale Verquickung. Thälmann war glühender Stalinist, sah während der Weimarer Republik den Hauptfeind nicht in den Nazis, sondern in der SPD und scheute nicht vor einer Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten zurück. Als KPD-Führer wurde er 1933 verhaftet, 1944 ermordeten ihn die Nazis im Konzentrationslager Buchenwald. Die DDR machte ihn zur Kult-Figur.“ Zugleich sei das Denkmal auch ein wichtiger Ausgangspunkt des Widerstands gegen Diktatur, so Wettig. Bei den Protesten gegen die Sprengung des früheren Gaswerks vor Ort und gegen das Denkmal lernten sich viele derer kennen, die 1989 dann die Friedliche Revolution auf den Weg brachten. „Hier laufen so viele Stränge deutscher Geschichte zusammen. Es war höchste Zeit, diese Geschichte Berlinern ebenso wie Besuchern der Stadt zu erzählen. Durch die kritischen Infotafeln und die Filme der künstlerischen Installation ist hier nun ein spannender Lernort entstanden, der viele Aspekte deutscher Geschichte unters Mikroskop nimmt.“

Mehr zur historisch-kritische und zur künstlerischen Kommentierung sowie eine englischsprachige Version sind auf www.vomsockeldenken.de/ zu finden.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

89 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 646× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.322× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 974× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.421× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.316× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.