Erinnerung an einen Lehrer
Widerständler Hermann Schulz lehrte an heutiger Max-Beckmann-Schule
Die zentrale Gedenkveranstaltung des Bezirks zu neuen Stolpersteinen fand am 27. November an der ehemaligen Adresse von Hermann Schulz am Romanshorner Weg 58 statt.
Mit den Stolpersteinen, verlegt vom Künstler Gunter Demnig, werden Opfer des Nationalsozialismus geehrt. Die Steine mit den Lebensdaten erinnern vor der letzten regulären Wohnandresse an die Menschen.
Hermann Schulz ist den Reinickendorfern bekannt als Namensgeber der Hermann-Schulz-Grundschule an der Kienhorststraße 67-69. Den eigentlichen biographischen Bezug zu Schulz hat allerdings die Max-Beckmann-Schule an der Auguste-Viktoria-Allee 37, an der er unterrichtete.
Abgebrochene Banklehre
Nicht alles konnte die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine Reinickendorf über Schulz recherchieren. Bekannt ist, dass er am 10. September 1890 in Berlin geboren wurde. Vermutlich hat er 1909 am berühmten Gymnasium zum Grauen Kloster das Abitur gemacht. Eine Banklehre brach er ab, nachdem er eine Streikbrecherkolonne kritisiert hatte. Anschließend besuchte er das Lehrerseminar in Oranienburg und wurde 1913 Lehrer in Reinickendorf.
Nach der Heirat mit der Dachdeckermeister-Tochter Ella Stephan war der Verfechter der Reformpädagogik in Borsgdorf bei Oranienburg tätig. Von dort wurde er 1920 wieder strafversetzt nach Reinickendorf. Er hatte zusammen mit seiner Frau in Borgsdorf eine Abteilung der USPD gegründet, die sich von der während des Ersten Weltkriegs kaisertreuen SPD abgesetzt hatte.
Ehefrau Ella versorgte die Familie
Schulz unterrichtete fortan an der 9. Volksschule an der Auguste-Viktoria-Allee 37. Zugleich war er weiter politisch tätig, nach der Auflösung der USPD in der „Sozialistischen Arbeiterpartei“ (SAP). Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten verlor Schulz seine berufliche Stellung, seine Frau ernährte Ehemann und Sohn als Fabrikarbeiterin.
Ab 1939 konnte Schulz in vielen Büros arbeiten. Sein politisches Engagement für die verbotene SAP setzte er fort. Trotz aller seiner Mahnungen, im Widerstand vorsichtig zu sein, wurde er selbst am 10. Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet. Er war Mitangeklagter im Verfahren gegen den Widerstandskämpfer und Journalisten Wilhelm Guddorf. Inhaftiert war er im Strafgefängnis Spandau, verhört wurde er in der Gestapo-Zentrale in der Prinz-Albrecht-Straße.
In der Haft umgekommen
Als Ella Schulz ihren Mann am 9. November 1942 bei der Gestapo besuchen durfte, stand sie einem verschmutzten, ausgehungerten Menschen mit Blutspuren im Gesicht gegenüber. Drei Tage später erhielt sie die Nachricht, dass ihr Mann sich im Polizeipräsidium das Leben genommen habe. Er war am 10. November bei der Kaffeeausgabe über das Geländer gesprungen und mit dem Kopf aufgeschlagen. Laut Totenschein war die offizielle Todesursache Schädelbruch.
Auch Ella Schulz wurde für einen Tag festgenommen, dann aber freigelassen. Bis Kriegsende stand sie unter Beobachtung.
An Hermann Schulz wurde wieder erinnert, als der Grundschulbereich der Auguste-Viktoria-Allee 37 im Jahr 1973 einen Neubau an der Kienhorststraße erhielt. „Damals wurde heftig in der Bezirksverordnetenversammlung gestritten“, erinnert sich Günter Wustrack, der seit 1961 als Lehrer an der Auguste-Viktoria-Allee 37 unterrichtet hat und 1972 Schulleiter wurde. Mit dem Stolperstein schließt sich der Kreis der Erinnerung. Die Auguste-Viktoria-Allee 37 wurde zur Max-Beckmann-Schule.
Drei weitere Stolpersteine verlegt
Weitere Stolpersteine wurden verlegt für den Kommunisten Hans Sachs am Romanshorner Weg 68, für den Kommunisten Richard Neumann am Baummardersteig 15 sowie das SAP-Mitglied Fritz Timm an der Papierstraße 5.
Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine Reinickendorf gibt es über das Museum Reinickendorf, Alt-Hermsdorf 35.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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