Was die Wasserbüffel mit Europa zu tun haben
Die EU fördert viele und unterschiedliche Projekte in Reinickendorf

Europäische Zeitzeugen. Ein Ausschnitt aus der Fotogalerie von Maximilian Gödecke. | Foto:  Thomas Frey
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Der Umbau der Bibliothek am Schäfersee ist derzeit eines der größeren Bauprojekte im Bezirk. Wer hier zu den Finanziers gehört, wird auch in diesem Fall bereits am Bauschild deutlich – die Europäische Union.

Das Bauprojekt ist nur eines von vielen in Reinickendorf, das mit EU-Finanzmitteln realisiert wird. Die Gelder fließen aus verschiedenen Töpfen der EU. Aus dem Fonds für Regionale Entwicklung, abgekürzt EFRE, erhält der Bibliotheksumbau Fördermittel. Auch beispielsweise vom Europäischen Sozialfonds (ESF) profitieren Vorhaben im Bezirk. Allein für die Förderperiode 2019 bis 2023 summiert sich die finanzielle Unterstützung der EU für den Bezirk auf knapp vier Millionen Euro. In der Regel handelt es sich dabei um eine Kofinanzierung: im Falle der Bibliothek am Schäfersee heißt dies, dass die geschätzten Kosten von rund 3,4 Millionen Euro jeweils zur Hälfte vom Land Berlin und die andere vom EFRE-Programm finanziert werden. Unterstützt werden Großvorhaben ebenso wie Mikroprojekte.

EU-Gelder gibt es unter anderem für Soziales, Wirtschaft, Bildung und Umwelt. So förderte die EU die grasenden Wasserbüffel am Tegeler Fließ mit 90 000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds, ELER. Gleiches galt für einen Workshop, für den der Träger „Die Wille gGmbH“ 8000 Euro aus Europa bekam. Er richtete sich an Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht prioritär an nachhaltiges Wirtschaften denken. Die Veranstaltung sollte ihnen aufzeigen, dass das auch unabhängig vom Einkommen möglich ist. „Nudging“ lautet hier das Zauberwort, was am besten mit „anstupsen“ übersetzt wird. Durch entsprechende Beispiele einen eigenen Antrieb bekommen, um sich beispielsweise mehr Gedanken über Recycling zu machen, bewusster einzukaufen, ausrangierte Gegenstände für etwas anderes zu verwenden. Die Ergebnisse dieses Workshops werden in einer Ausstellung in der Nordgalerie im Rathaus am Eichborndamm 215 gezeigt.

Es gebe viele solcher Projekte, die ohne die Europäische Union nicht möglich wären, sagte Bürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) bei der Eröffnung am 14. Mai. Und darüber hinaus spielt Europa auch im Alltag vieler Menschen eine Rolle. Das bekannteste Beispiel ist das Erasmus-Programm, das nicht nur Studentinnen und Studenten, sondern bereits Schulklassen zugutekommt. Vor allem durch gemeinsame Projekte mit Gleichaltrigen aus anderen Ländern.

Eine zweite Ausstellung in der Nordgalerie trägt den Titel „Erzähl mir von Europa“ und besteht aus Fotoporträts von Menschen aus vielen europäischen Ländern, die sich im Rahmen eines Interviewprojekts zur Verfügung gestellt haben. Sie sind 1945 oder früher geboren. Dies war die Bedingung für die Teilnahme. Denn sie sollten als Zeitzeugen noch darüber berichten können, wie Europa lange von Hass und Feindschaft geprägt war, gipfelnd in den Verheerungen des Zweiten Weltkriegs. Ihre Erzählungen zu Begriffen wie Kindheit, Protest, Freiheit, Haltung oder Zukunft sollen deutlich machen, was sich seither verändert hat – auch in ihrem eigenen Leben. Die Interviewer hätten vom Alter her Enkel oder Urenkel der Befragten sein können. Es kamen nicht nur EU-Bürger, sondern auch Menschen aus Albanien, Island, Norwegen oder der Ukraine zu Wort.

Die Aufnahmen stammen von Maximilian Gödecke, einem Berliner Fotografen. Per Interrail sei er durch Europa zu den Protagonisten gereist, erzählte er bei der Vernissage. Und er habe noch längst nicht alle 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts zusammen. Interrail, das grenzenlose Zugticket auch über die Europäische Union hinaus, ist ebenfalls eine Errungenschaft des zusammengewachsenen Europas. Gödeck sind wunderbare, einfühlsame, aussagekräftige Porträts gelungen. Nur ein Beispiel ist das des Briten Ray Ockenden. Er sitzt allein an einem großen Tisch. Das steht fast symbolisch nach dem Austritt seines Landes aus der EU.

Europa, das unterstreicht diese Schau, betrifft uns alle. Manchmal direkt, wenn es um verschiedene Zuwendungen geht. Manches, was in unserem Leben selbstverständlich ist, würde es zudem ohne die Europäische Union so nicht geben, wie eine nahezu uneingeschränkte Reisefreiheit durch ihre Mitgliedsländer.

Dagmar Klein, seit 2001 die Reinickendorfer EU-Beauftragte, erklärte, dass die EU vor allem alle fünf Jahre in den Fokus rücke, wenn die Europawahl anstehe. Die EU ist aber auch in der Zeit dazwischen vielfältig präsent.

Die beiden Ausstellungen in der Nordgalerie im Rathaus können bis zum 7. Juni kostenfrei von Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 18 Uhr besucht werden.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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