Bundeswahlleiter beantragt Wahlwiederholung
Finden in Reinickendorf die Bundestagswahlen noch einmal statt?
Das Wahlchaos in der Hauptstadt am 26. September 2021 könnte eine Wahlwiederholung zur Folge haben. Unter den sechs von zwölf Berliner Bezirken, in denen gravierende Mängel festgestellt wurden, gehört vor allem Reinickendorf.
Im Bundestagswahlkreis 77 (Berlin-Reinickendorf) hat Bundeswahlleiter Georg Thiel am 24. Mai eine erneute Wahl gefordert. Der Wahlkreis gilt schon deshalb als besonderer Nachwahl-Kandidat, weil hier das Ergebnis für die Bundesebene ziemlich eng ausgefallen ist. Den Wahlkreis gewann die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters nur ganz knapp. Sie erhielt 34 233 Stimmen (27,2 Prozent), ihr SPD-Mitbewerber Torsten Einstmann 32 445 Stimmen (25,8 Prozent). Bei 128 577 Wahlbeteiligten eine Differenz von gerade mal 1788 Stimmen. Noch enger war das Ergebnis bei den Zweitstimmen. Die SPD erzielte 31 447 (25,0 Prozent) Stimmen, die CDU 30 272 (24,0 Prozent). Der Unterschied betrug nur 1175 Stimmen.
Normalerweise ist ein Kopf an Kopf-Rennen kein Problem. Nur muss gewährleistet sein, dass alle Wahlwilligen auch von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen konnten und bei der Auszählung keine Fehler passierten. Der Bundeswahlleiter hat jedoch eine Vielzahl an Fehlern in der Hälfte der Berliner Bundestagswahlkreise entdeckt.
Die Pleiten und Pannen vom Wahltag ergeben eine lange Liste. Stimmzettel waren nicht rechtzeitig oder ausreichend in vielen Wahllokalen vorhanden. Deshalb musste der Wahlvorgang teilweise unterbrochen werden. Manchmal wurden auch falsche Stimmzettel geliefert. Vor manchen Wahllokalen gab es stundenlangen Wartezeiten. Viele blieben deshalb lange nach 18 Uhr geöffnet. Menschen wählten noch, obwohl Hochrechnungen bereits das annähernde Gesamtergebnis übermittelten. In der Hauptstadt eines zivilisierten Landes dürften solche Zustände nicht vorkommen, fasste Georg Thiel sein vernichtendes Urteil zusammen. Ob es zu einer Wahlwiederholung kommt, muss der Bundestag entscheiden. Danach möglicherweise noch das Bundesverfassungsgericht. Auch im Hinblick auf das Berliner Abgeordnetenhaus steht die Frage einer zumindest teilweisen Wahlwiederholung im Raum. Darüber befinden muss nach diversen Einsprüchen der Verfassungsgerichtshof des Landes. Derzeit werden die Vorgänge dort überprüft, eine Entscheidung wird in den kommenden Monaten erwartet.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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