Im Keimraum der Schauspielkunst
Theater shortvivant beeindruckt mit „Koschere Kuscheltiere“ in der Malzfabrik

Das Ensemble von "Koschere Kuscheltiere.  | Foto: Theater shortvivant
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Er ist derzeit einer der kühlsten Orte in Berlin und gewiss auch einer der ungewöhnlichsten. Das Theater shortvivant feierte Premiere des Stücks „Koschere Kuscheltiere“ im ehemaligen Keimraum der Malzfabrik an der Bessemerstraße.

Weg vom tradierten Guckkasten-Theater, das machen viele Theaterensembles. Klassisches und Modernes kommt auf der Straße, in Parkhäusern oder aufgegebenen Fabrikhallen vors Publikum. Häufig steckt bloße Effekthascherei dahinter. Beim Theater shortvivant ist der Spielort ein sinnstiftender Teil der Dramaturgie.

Ort von „Koschere Kuscheltiere“, einer mit Absurditäten gespickten Tragikomödie des zeitgenössischen Autors Hauke Lidschreiber, ist eine Loftwohnung direkt unter einem Staudamm. Das Stück im tiefen, fensterlosen Keimraum der Malzfabrik zu spielen, mit fließendem Übergang von „Bühne“ zu „Zuschauerraum“, ganz nah und unmittelbar also, hat was. Es lässt die Zuschauer die Handlung geradezu körperlich erfahren.

Schon das Einnehmen der Plätze scheint zum gewollten Erfahrungsgewinn zu gehören. Die Zuschauer sammeln sich zunächst im ebenerdigen „Malzkabinett“, um kurz vor Aufführungsbeginn von shortvivant-Personal in Gruppen hinab in den Theaterraum begleitet und nach der 110-minütigen Aufführung ohne Pause auch wieder hinausgeführt zu werden. „Wir empfehlen festes Schuhwerk zu tragen und auch Kleidung, die etwas staubig werden kann.“ Aber ganz so schlimm wird es dann nicht.

In 14 Szenen wird die Geschichte einer Schauspielerin erzählt, die endlich heraus aus dem teuren und lauten Manhattan will und dazu eine günstige und abgeschiedene Loftwohnung fern der Stadt an einem außergewöhnlichen Ort besichtigt. Dort lebt seit geraumer Zeit bereits der jüdische Schneider Nathanael, der jährlich zum Versöhnungsfest Jom Kippur eigenwillige Gäste zu sich einlädt. Zudem muss er sich gegen allerhand Eindringlinge wehren. Als eine – vorhersehbare – Katastrophe über ihnen eintritt, setzt diese sich unter den Menschen im Loft fort.

Die jungen Schauspieler Nikolai Hepp, Cora Mainz, Benjamin Christopher Bronisch, Armin Schiller und Simon David Altmann – sie und andere zu fördern ist der Anspruch des Theaters shortvivant seit 2013 – sowie die erfahrenen Mimen Olaf Meier und Ralf Blank, der auch Regie führt, spielen nicht die ihnen zugedachten Rollen des Gero, der Lea, des Kenan, Trutz und Nathan. Sie sind diese dramatis personae mit Haut und Haaren.

Lidschreibers Stück, das mit Musikelementen, Videoeinspielungen und zeitgenössischen Bezügen auf jüdische Gebräuche spielt, fordert ein sehr körperliches und artistisches Schauspiel. Man muss als Zuschauer aber nicht um die Schauspieler fürchten. Die zum Teil gefährlichen sowie anspruchsvollen Szenen haben sie bewusst und mit Bedacht geprobt. Und Angst um die Zukunft der deutschen Theaterlandschaft muss man genauso wenig haben bei diesen so überzeugenden jungen Talenten auf der Bühne.

„Koschere Kuscheltiere“ bis 25. August je 20 Uhr, Einlass ab 19 Uhr, in der Malzfabrik, Bessemerstraße 2-14; Treffpunkt ist das Malzkabinett. Karten zu zehn Euro unter Telefon 89 72 99 55 oder info@theatershortvivant.de, keine Abendkasse.

Das Ensemble von "Koschere Kuscheltiere.  | Foto: Theater shortvivant
"Sonst kommst Du in die Kiste mit den ungeliebten Spielsachen." Simon David Altmann als Nathan und Cora Mainz als Lea in einer Szene der Tragikomödie "Koschere Kuscheltiere".   | Foto: Theater shortvivant
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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