Lobbyist für Geflüchtete
Gemeinnütziger Verein "Schöneberg hilft" setzt vor allem auf Hilfe zur Selbsthilfe
Spricht man mit Anne-Marie Braun, Gründungs- und Vorstandsmitglied des Vereins „Schöneberg hilft", und befragt sie zu den Aktivitäten ihre Vereins, dann ist sie kaum zu stoppen. Denn es sind eine Vielzahl von Tätigkeitsfeldern, in denen der gemeinnützige und mildtätige Verein derzeit aktiv ist und die Braun gleichermaßen umtreiben. Doch so unterschiedlich die Aufgabenstellungen auf den ersten Blick auch sein mögen, eines ist ihnen allen gemein: Sie haben etwas mit Geflohenen und deren Unterstützung zu tun.
Dass die Aktivitäten von „Schöneberg hilft“ einmal solche Ausmaße annehmen würde, war 2015 bei seiner Gründung als Initiative von Helferinnen und Helfern der Notunterkunft in der Teske-Schule und der Umwandlung 2016 in einen eingetragenen Verein nicht absehbar. Das hat etwas mit der weltpolitischen Lage und den sich daraus entwickelten kriegerischen Konflikten zu tun, die Flucht und Vertreibung verstärkt zur Folge haben und für einige der Geflohenen in Berlin endet.
Genau dort setzt das Engagement von „Schöneberg hilft“ an: So hat sich mit Unterstützung des im Interkulturellen Haus in der Geßlerstraße 11 beheimateten Vereins die Gruppe "Uktak" mit eigenen Strukturen und Aufgaben gebildet. Ziel war es, Hilfe zur Selbsthilfe etwa durch Bereitstellung von Räumen und Know-how zu leisten. Im Ergebnis wird inzwischen aus dem Kreis der rund 800 zumeist aus der Ukraine Geflüchteten eine Vielzahl von Aktivitäten selbständig auf die Beine gestellt. Das reicht von Hilfe bei Umzügen, gegenseitigem Deutschunterricht, dem Sammeln von Hilfsgütern und dem Sockenstricken für Ukrainer an der Front bis hin zum Kochen ukrainischer Gerichte, mit denen in Berlin befindliche verletzte Soldaten moralisch unterstützt werden sollen. Zuletzt konnten Bürgermeister Jörn Oltmann und Stadträtin Dr. Saskia Ellenbeck (beide Grüne) einen Gemeinschaftsgarten des Vereins für Geflüchtete eröffnen. Der Garten liegt in der Kolonie „Grüne Aue“ im Schöneberger Südgelände und ist knapp 200 Quadratmeter groß. Die Kosten für die Pacht und Gebühren werden von den Preisgeldern des Werner-Orlowsky-Preises gezahlt, den der Verein von der Stiftung "Leben in Berlin" überreicht bekommen hat.
"Zwischen Zucchini, Gurke und Co. lässt sich am besten Deutsch lernen und Integration leben. Um geflüchteten Menschen eine Abwechslung im Alltag, Ablenkung von traumatischen Erfahrungen und Raum zum Gärtnern zu geben, haben wir diesen Gemeinschaftsgarten gegründet“, nennt Braun die mit diesem Schritt verknüpfte Absicht. Eine – deutlich kleinere – Gruppe afghanischer Flüchtlinge hat dies motiviert, es der "Uktak" gleichtun zu wollen.
In einem weiteren Projekt betreibt „Schöneberg hilft“ ein kleines Schulprojekt in der ehemaligen Teske-Schule, in dem zwei Lerngruppen von je 20 geflüchteten Schülerinnen und Schüler wegen Fehlen von regulären Schulplätzen an öffentlichen Berliner Schulen von ukrainischen Lehrkräften in Landessprache und nach ukrainischen Lehrplänen unterrichtet werden, aber auch Deutsch- und Musikunterricht erhalten und Sport treiben. Gerade letzteres sei „ganz wichtig gegen Traumatisierung“, sagt Braun.
Beratung für Menschen mit Fluchterfahrung finanziert vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Vermittlung von Wohnungen, das Sammeln gespendeter gebrauchter Schulmappen für geflüchtete Kinder (Braun: „Kein Kind soll in die Schule gehen ohne Schulranzen!“) oder ein gemeinsames Architekturprojekt von ukrainischen Kindern und Architekten über Städte der Zukunft sind nur einige der Aktionen des Vereins, die gerade umgesetzt werden. Besonders stolz aber ist Anne-Marie Braun über die Praktikanten und Geringbeschäftigten, die über ihre Arbeit für „Schöneberg hilft“ den Sprung auf den ersten deutschen Arbeitsmarkt geschafft haben.
Doch für einen dauerhaften Erfolg seiner Arbeit, zu der auch Lobbytätigkeit für Geflüchtete in politischen Raum zählt, benötig der Verein Unterstützung. Die könnte in einer Mitgliedschaft, die mindestens zwölf Euro im Jahr kostet, oder einer Fördermitgliedschaft bestehen. Natürlich sind auch Menschen, die tatkräftig mithelfen, aber keine Mitgliedschaft erwerben wollen, in der Geßlerstraße 11 sehr willkommen. Wer diesen Weg der Unterstützung gehen möchte, kommt einfach vorbei oder schreibt eine E-Mail an verein@schoeneberg-hilft.de. Und besonders freut man sich über Geldspenden, für die es übrigens nicht nur einen Dank, sondern auch eine steuerlich verwertbare Spendenbescheinigung gibt. Infos dazu unter schoeneberg-hilft.de/geldspenden.
Autor:Uwe Lemm aus Mahlsdorf |
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