Wegweisend oder weltfremd?
Geplante Maßnahmen des Runden Tisches Sexarbeit präsentiert

Der Kurfürstenkiez ist seit über 100 Jahren Straßenstrich. Neuerdings, so der Runde Tisch, würden die Sexarbeiterinnen wegen Wohnungsneubau unter Platzmangel leiden. | Foto: KEN
  • Der Kurfürstenkiez ist seit über 100 Jahren Straßenstrich. Neuerdings, so der Runde Tisch, würden die Sexarbeiterinnen wegen Wohnungsneubau unter Platzmangel leiden.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Ein paar Tausend Anwohner fühlten sich überhaupt nicht vom Straßenstrich gestört, meint eine Mitarbeiterin des Frauentreffs Olga. Die Einrichtung des Drogennotdiensts ist Anlauf- und Beratungsstelle für drogensüchtige Prostituierte im Kurfürstenkiez.

Diese Anwohner zeigten sich jedoch nicht in der Informationsveranstaltung des Runden Tisches Sexarbeit im Nachbarschaftszentrum Huzur an der Bülowstraße. Es überwog die Kritik an den Zuständen und geplanten Gegenmaßnahmen.

Diese hatten Tempelhof-Schönebergs Bürgermeisterin Angelika Schöttler als Vorsitzende des landesweiten „Runden Tisches Sexarbeit“ und die Berliner Staatssekretärin für Pflege und Gleichstellung, Barbara König (beide SPD), vorgestellt. Ziel des Fachgremiums aus Behördenmitarbeitern und Vertretern von sozialen Einrichtungen, Prostituierten und Bordellen ist es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

In der Veranstaltung betonte die Bürgermeisterin, dass sie gleichermaßen die Anliegen der Anwohner im Blick habe. Viele stören sich an den negativen Auswirkungen des Straßenstrichs wie offener Sex, Lärm und Fäkalien. Angelika Schöttlers setzt hier auf „gemeinsame Lösungen“.

Diese sehen vor, dass bis zu drei weitere, zu sogenannten Verrichtungsorten umgebaute mobile Toiletten aufgestellt werden. Sie sollen täglich, möglichst morgens, im Rahmen eines Beschäftigungsprojekts des Drogennotdiensts gereinigt werden. Desweiteren wird das vom Quartiersmanagement Schöneberger Norden und dem Bezirksamt Mitte finanzierte Nachbarschaftsprojekt des Frauentreffs Olga fortgesetzt. Es ist laut Behörden „die Schnittstelle für die Anliegen der Nachbarschaft und sozialer Einrichtungen“.

Es wird einen Drogenkonsumraum geben. Die Drogenhilfe wird vor Ort sein. Überhaupt ist geplant, Versorgung und Unterstützung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter auf dem Straßenstrich zeitlich und räumlich auszubauen. Die Arbeitsgruppe „Prostitution und Soziales“ setzt ihre Tätigkeit fort. Ab 2020 ist die Stelle der Referentin für den Runden Tisch, Sarah Stöckigt, in Tempelhof-Schöneberg angesiedelt. Die Senatsverwaltung sowie die Bezirke Mitte und Tempelhof-Schöneberg haben Finanzmittel dafür in ihre Haushalte aufgenommen. Das Abgeordnetenhaus entscheidet im Dezember darüber.

Die Kritik der Bürger war heftig. Der Straßenstrich sei politisch gewollt, die Ideen des Runden Tisches seien weltfremd. Dadurch profitierten ausschließlich Zuhälter und kriminelle Clans. Das Wort Jugendschutz sei in den Ausführungen kein einziges Mal vorgekommen. Ein Teilnehmer gab bekannt, dass weder die Evangelische Elisabeth-Klinik, noch der Wissenschaftsverlag Walter de Gruyter noch andere Gewerbetreibende zum „gedeihlichen Miteinander“ beitragen würden.

Mittes Bürgermeister saß am Veranstaltungsabend nicht auf dem Podium, sondern im Publikum. Stephan von Dassel (Grüne) wiederholte ein weiteres Mal seine abweichende Position zum Thema. Er wünscht sich restriktivere Maßnahmen, wie sie in anderen deutschen und europäischen Großstädten praktiziert werden: Sperrzeiten und Sperrgebiete für den Straßenstrich. „Die Maßnahmen, die der Runde Tisch vorschlägt, werden nicht zum Ziel führen“, nämlich die Frauen aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen, die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen und die Belastungen der Anwohner zu mindern, so der Bürgermeister.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 424× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 541× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 277× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 399× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.