Pause machen vom Leben auf der Straße
Spendenaktion des Unionhilfswerks für die Wohnungslosentagesstätte

In der Coronazeit entdeckte Catweazle die Tagesstätte. Inzwischen kommt er oft und hat hier sogar ein Schließfach. | Foto:  Maximilian Gödecke
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  • In der Coronazeit entdeckte Catweazle die Tagesstätte. Inzwischen kommt er oft und hat hier sogar ein Schließfach.
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Das Unionshilfswerk hat die Spendenaktion „WärmeTeilen – Hilfe für Menschen ohne Obdach“ gestartet. Das gesammelte Geld soll der Wohnungslosentagesstätte (WoTa) in der Gustav-Freytag-Straße 1 zugutekommen.

Die WoTa ist für viele Menschen, die kommen, eine Art Wohnzimmer. Geöffnet ist täglich, außer montags, von 11.30 bis 17 Uhr. Hier gibt es eine warme Mahlzeit und saubere Kleidung. Wer möchte, kann duschen und sich bei persönlichen Problemen mit den Mitarbeitern beraten. Auch eine medizinische Basisversorgung wird geboten. Für die meisten ist ebenso wichtig, sich einfach einmal wohlzufühlen, auszuruhen oder auch Kontakte mit anderen zu knüpfen.

Einer der Gäste ist Catweazle, wie sich der 60-jährige obdachlose Berliner nennt. Er ist zum zweiten Mal in seinem Leben auf der Straße. Beim ersten Mal war er in Spanien und Italien unterwegs und hielt sich dort als Tagelöhner über Wasser. „Die Jobs fand ich, indem ich in jedem Ort beim Pfarrer vorsprach und nach Arbeit fragte. Ein paar Tage bei freier Kost und Logis zuzüglich einem kleinen Handgeld brachten mich so durch drei Jahre.“ Als er 2003 nach Deutschland zurückkehrte, musste er feststellen: Hierzulande funktioniert das nicht. Also lebte er, mit Unterstützung sozialer Einrichtungen wie dem „Warmen Otto“, vom Pfandsammeln und Spenden von Bürgern. „Da ich dieses Leben selbst gewählt hatte, war ich der Meinung, dass ich moralisch keinen Anspruch auf Sozialhilfe und Co. hatte“, sagt Catweazle.

Großer Bedarf an vielen Dingen

Doch Anfang 2006 musste er sechs Wochen in Untersuchungshaft. Das wäre mit einer Meldeadresse nicht passiert. Also beschloss er, „wieder festzumachen, so richtig mit Wohnung und Hartz IV und so“. Nach ein paar Jahren wurden jedoch die Reibereien mit dem Jobcenter zu groß und zu anstrengend. „Ich entschied 2017, wieder auf die Straße zurückzukehren.“

Seitdem sammelt er Flaschen, isst in Suppenküchen, schläft im Sommer in Parks und unter Brücken, im Winter in einer kleinen Kreuzberger Notübernachtung. Im Frühjahr 2020 landete er schließlich in der Schöneberger Wohnungslosentagesstätte. „Hier gab es auch in der Coronazeit an sechs Tagen in der Woche etwas Warmes zu essen. Die anderen Stellen haben fast alle nur Lunchpakete ausgegeben“, erzählt Catweazle. „Hier konnten wir – wenn auch im Freien – zusammensitzen, unseren Kaffee trinken und eben das Essen genießen.“ In der WoTa hat er auch ein Schließfach bekommen, in dem er wichtige Dinge lagern kann. So wurde er schließlich zum Stammkunden.

Die Tagesstätte ist jedoch für ihre Arbeitauf Spenden angewiesen. „Der Bedarf an warmer Kleidung, Rücksäcken, Schlafsäcken, Isomatten, aber auch an Hygieneartikeln ist groß“, sagt WoTa-Leiterin Nadine Simon-Wrobel. Weil es aber nur wenig Lagerplatz gibt, bittet sie im Namen des Unionshilfswerks um Geldspenden. „Die können wir außerdem für das einsetzen, was zu diesem Zeitpunkt am dringendsten gebraucht wird.“

Wer helfen möchte: Informationen unter www.unionhilfswerk.de/waermeteilen.

In der Coronazeit entdeckte Catweazle die Tagesstätte. Inzwischen kommt er oft und hat hier sogar ein Schließfach. | Foto:  Maximilian Gödecke
Catweazle lebt seit 2017 auf der Straße - zum zweiten Mal. | Foto: Maximilian Gödecke
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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