Messingquader zum Gedenken
Sieben neue Stolpersteine an drei Orten verlegt

Die ehemalige Parfümfabrik Scherk steht heute unter Denkmalschutz und beherbergt ein Institut der Freien Universität Berlin.  | Foto:  K. Rabe
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In der vergangenen Woche sind im Bezirk wieder Stolpersteine zum Gedenken an jüdische Mitbürger verlegt worden, die von den Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben und zum Teil in den Tod getrieben wurden.

Am 7. Oktober sind vor der Villa Jungfernstieg 18 vier Stolpersteine für Charlotte Goldstein und ihre drei Söhne Helmut, Max und Joachim verlegt worden. Am Tag darauf wurde ein Stolperstein für den Parfümfabrikanten Ludwig Scherk vor dessen früherem Wohnhaus Mozartstraße 8-10 in den Bürgersteig eingelassen. Ebenfalls am 8. Oktober wurde mit zwei Stolpersteinen der Brüder Arthur Goldschmidt und Eugen Goldschmidt gedacht. Die Messingquader wurden vor der Villa Kleinaustraße 10 verlegt.

Nina Haeberlin von der Stolpersteininitiative der Markus-Gemeinde hat zur Geschichte der Familie Goldstein recherchiert und herausgefunden, dass bereits 1889 Charlottes Vater ein Sanatorium für Nervenkranke am Jungfernstieg errichtet hatte. Nach seinem Tod und dem ihrer Mutter leitete Charlotte die Einrichtung bis zu ihrer Emigration nach Schweden, wohin auch ihre Söhne zuvor geflohen waren.

Bereits vor über zehn Jahren war für Ludwig Scherks Ehefrau Alice ein von der Enkelin initiierter Stolperstein verlegt worden. Alice verstarb 1934, vermutlich durch Suizid. Ludwig Scherk emigrierte 1938 nach London, wo er 1946 verstarb. Die Parfümfabrik in Lankwitz wurde 1938 arisiert und Scherk musste an den Konkurrenten Schering verkaufen. Die beiden Söhne konnten ebenfalls emigrieren. Sohn Fritz kaufte nach dem Krieg die Fabrik zurück und baute die Produktion von Scherk-Kosmetikartikeln wieder auf. Die ehemalige Fabrik ist ein spätexpressionistischer Bau an der Kelchstraße in Südende. Er steht heute unter Denkmalschutz.

Die Stolpersteinverlegung für die Brüder Goldschmidt wurde von der Bibliotheks- und Informationswissenschaftlerin Helga Schwarz sowie der Klang- und Konzeptkünstlerin Marion Fabian initiiert. Die Frauen verfolgten die Herkunft der Brüder bis ins Jahr 1700. Ihre Spurensuche führte sie in Archive vieler Städte Deutschlands, ins europäische Ausland von Amsterdam nach Wien und bis auf andere Kontinente. Persönliche Dokumente und Bilder von Arthur und Eugen Goldschmidt waren allerdings nicht aufzufinden. Bekannt ist, dass Arthur 1882 geboren wurde und Privatgelehrter war. Eugen wurde 1878 geboren und arbeitette als Chemiker. Beide waren unverheiratet und kinderlos. Bekannt ist auch, dass sie leidenschaftlich Kunst sammelten. Wie vielen Juden in Deutschland wurde den Brüdern erst nach den staatliche Pogromen klar, dass sie ihres Lebens nicht mehr sicher waren. Nach den Ereignissen des 9. November 1938 wollten sie sich ihre Würde und Handlungsfreiheit bewahren und wählten am 13. November 1938 die extremste Form der Flucht, die Flucht in den Tod.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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