Verlassen, verfallen, doch nicht vergessen
Vier Interessenten wollen das Stadtbad Steglitz an der Bergstraße wieder mit Leben füllen

Vom einstigen Jugendstil-Charme ist in der Schwimmhalle des Stadtbades Steglitz nicht mehr viel übrig. Die Umkleidekabinen wurden herausgerissen. | Foto: K. Rabe
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  • Vom einstigen Jugendstil-Charme ist in der Schwimmhalle des Stadtbades Steglitz nicht mehr viel übrig. Die Umkleidekabinen wurden herausgerissen.
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Sogenannte „Lost Places“ also „verlorene Orte“ gibt es einige in Berlin. Obwohl es verlassene und oft verfallene Gebäude sind, geht von so manchem eine gewisse Faszination aus. In Steglitz-Zehlendorf zählen zu den bekanntesten die ehemalige Lungenklinik Heckeshorn, das einstige Institut für Anatomie und inzwischen auch das Stadtbad Steglitz in der Bergstraße.

Diese Orte wecken nicht nur bei Abenteuerlustigen die Neugier: Was verbirgt sich hinter den alten Gemäuern? Gibt es für sie noch eine Zukunft oder sind sie für immer verloren? Die Aussichten für das alte Stadtbad sind nicht schlecht. Nach jahrelangem Leerstand könnte hier wieder neues Leben einziehen.

Das einstige Vorzeigeobjekt der preußischen Landgemeinde Steglitz wurde nach den Plänen des Gemeindebaurates Richard Blunck erbaut und 1908 eröffnet. Mit seinem architektonischen Mix aus Jugendstil und Historismus war es im Vergleich zu den im benachbarten Berlin öffentlichen Bädereinrichtungen dieser Zeit etwas Besonderes. Genauso sollte es sein. Mit dieser Badeanstalt wollte die größte Landgemeinde Preußens die Hauptstadt beeindrucken. Das Schwimmbassin hatte eine bemerkenswerte Größe von 21 mal 9 Metern und befand sich unter einer riesigen Kuppel. Die Überläufe des Beckens waren in Marmor gefasst. Ins Becken gelangte man über eine breite Treppe – ebenfalls aus Marmor. Es gab sogar ein Sprungbrett, von dem man in das 2,80 Meter tiefe Wasserbecken springen konnte.

Doch das Stadtbad diente nicht nur dem Vergnügen. Es gab auch eine Wannen- und Brauseabteilung. Mit dem russisch-römischen Bad, elektrischen Lichtbädern, Massagebänken und Therapiekabinen entsprach sie den modernsten Standards.

Das russisch-römische Dampfbad ist noch heute das Schmuckstück der Anlage. Römische Rundbögen, Wandmosaiken und kunstvoll verzierte Säulen gibt es im Tauchbeckenraum zu bewundern. Der Raum diente wie andere Bereiche des Jugendstilbades zuletzt als Kulisse für Kultur- und Theaterveranstaltungen.

2002 wurde das Bad aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen. Doch schon zwei Jahre später begann eine Zwischennutzung als Veranstaltungsort durch eine neue Eigentümerin. Konzerte, Theateraufführungen und Lesungen fanden statt. Doch im Gegensatz zum gut erhaltenen Dampfbad wurde in dieser Zeit der einstige Charme der Schwimmhalle mit ihrer kugelförmigen Apsis zerstört. Unter anderem wurden die Umkleidekabinen rechts und links des Beckens wegen des geplanten Umbaus der damaligen Eigentümerin herausgerissen. Ende 2014 war auch diese Zwischennutzung beendet und das Gebäude stand wieder leer. In den folgenden Jahren des Leerstandes hinterließ auch der Vandalismus seine Spuren im Gebäude.

2016 ging das Bad in den Bestand der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) über, die vor einem Jahr ein Interessenbekundungsverfahren ins Leben rief. Im Ergebnis bekundeten vier Bewerber Interesse an dem Bad.

Derzeit werde ein Konzeptverfahren vorbereitet, erklärt BIM-Sprecherin Marlen Zielke. Hier haben die Bewerber die Möglichkeit ein Konzept für das Stadtbad zu erstellen. Eine Jury entscheidet am Ende über die besten Ideen.

Das Bad wird allerdings nicht verkauft, sondern im Erbbaurecht vergeben. Da es sich um eine landeseigene Immobilie handelt, hat auch der Bezirk ein Wörtchen mitzureden. Steglitz-Zehlendorf wünscht sich unter anderem, dass im alten Stadtbad auch öffentliches Schwimmen wieder möglich wird. Potentielle Betreiber des Bades sollten das in ihr Konzept aufnehmen. Ebenso würde der Bezirk eine soziokulturelle Nutzung begrüßen.

Bis jedoch wieder Leben in das Stadtbad einzieht, werden noch etliche Jahre vergehen. Denn ein potentieller Investor muss nicht nur gute und umsetzbare Ideen mitbringen, sondern auch eine große Summe Geld. Allein die Sanierung der Schwimmhalle würde über eine halbe Million Euro kosten. Bis dahin wird das Bad ein „Lost Place“ bleiben und lediglich als attraktive Kulisse für Film- und Fotoaufnahmen dienen.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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