Eisenhammer, Ausflugsbetrieb und ein Sanatorium
Zwei Sonntage Ende Mai und Anfang Juni stehen im Zeichen der Tegeler Geschichte
An zwei Sonntagen, am 26. Mai und 2. Juni, finden die Tegeler Geschichts-Sonntage der Geschichtswerkstatt Tegel statt. Führungen, Veranstaltungen und Entdeckungen stehen auf dem Programm, das von der Dezentralen Kulturarbeit des Bezirks unterstützt wird.
Die Veranstaltungen am Sonntag, 26. Mai:
Luxusvillen statt Lastkähne. Die Geschichte des Tegeler Hafens ist Thema einer Führung mit Michael Müller ab 10.30 Uhr. Sie beginnt an der Sechserbrücke. Der Hafen war von 1906 bis 1970 in Betrieb. Heute befindet sich dort ein eher exklusives Wohnquartier.
Spuren eines Sanatoriums. Im Schlosspark Tegel stand einst die älteste psychoanalytische Klinik der Welt. Ein Spaziergang mit Dr. Antje Müller begibt sich auf die Spurensuche dieses besonderen Sanatoriums. Ab 10.30 Uhr, Start an der Campestraße 11.
Der Weg der Freien Scholle. Mehr als 125 Jahre existiert die Genossenschaftssiedlung Freie Scholle. Konstanten, Einschnitte und Veränderungen sind ab 12.30 Uhr Thema einer Führung und eines Vortrags von Jürgen Hochschildt, ehemaliger Vorstand der Genossenschaft. Treffpunkt ist vor dem Lokal Tomasa am Waidmannsluster Damm 77.
Auf Borsigs Spuren. Der Name Borsig steht wie kein anderes Unternehmen für die Tegeler Industriegeschichte. Zum Aufstieg und Ende der Firma referiert Meinhard Schröder um 14 Uhr. Treffpunkt ist am Eingang U-Bahnhof Borsigwerke neben dem Borsigtor.
Das Versteck. Auf der Insel Reiswerder tauchten 1944 fünf Jüdinnen und Juden unter, um ihrer Deportation zu entgehen. Allerdings wurde das Versteck verraten, zwei der fünf Personen bis Kriegsende ermordet, drei überlebten. An dieses Kapitel erinnert der Autor Rainer Werner bei einer Führung um 14 Uhr an der Badestelle Reiswerder.
Das Kapitel Zwangsarbeit. Diese auch von Meinhard Schröder geführte Tour ab 15.30 Uhr beschäftigt sich mit den Verbrechen der Nazizeit. Sie begibt sich auf die Spuren einstiger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Die Menschen wohnten in teilweise umzäunten Lagern, in Gaststätten und auch auf Schiffen. Start dieses besonderen Rundgangs ist am ehemaligen französischen Militärbahnhof an der Buddestraße 2-4.
Egells Eisenhammer. Die Egellsche Maschinenbauanstalt, eröffnet 1837, markiert den Beginn der Industriealisierung Tegels. Ihr Herzstück war der „Eisenhammer“, eine Eisengießerei mit Hammerschmiede. Knapp 50 Jahre produzierte Egells an diesem Standort, es folgten einige weitere Firmen, zuletzt Borsig. Noch heute ist dort ein Industrieareal mit der Germaniahalle, die als älteste noch genutzte Werkshalle in Deutschland gilt. Die Führung mit Michael Müller beginnt um 15.30 Uhr. Treffpunkt ist vor dem inzwischen geschlossenen Restaurant Fisherman's am Eisenhammerweg, Ecke Borsigdamm.
Der erste Gewerbebetrieb. Aus der alten Tegeler Mühle ist inzwischen ein Reha-Zentrum geworden. Dass dort einst die Hälfte des West-Berliner Mehlbedarfs produziert wurde, ist heute kaum bekannt. Informationen zu Tegels erstem Gewerbebetrieb gibt es bei einer Führung von Gunnar Bennemann. Sie beginnt um 17 Uhr. Treffpunkt ist in der Straße An der Mühle 2-4.
Die Veranstaltungen am Sonntag, 2. Juni
Insel-Geheimnisse. Zwei Bootstouren mit Meinhard Schröder führen um 10 und 11.30 Uhr zu den Inseln im Tegeler See. Neben vielen Geschichten und manchen Geheimnissen geht es auch um die heutige Wasserqualität. Start ist jeweils vom Fähranleger Tegeler Hafen, Nähe der Humboldt-Bibliothek, Karolinenstraße 19. Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon 43 74 52 07 oder per E-Mail an havelbruegge@posteo.de.
Der Lernort. Zu den Inseln im Tegeler See gehört Scharfenberg – seit mehr als 100 Jahren Sitz der Schulfarm Scharfenberg. Sie kann am 2. Juni ab 10.30 Uhr besucht werden. Treffpunkt für die Insel-Expedition mit Rainer Werner ist an der Fähre neben der Wasserrettungsstation Waldkauzstraße.
Entlang der Schienen. Die 1908 eröffnete Industriebahn Tegel-Friedrichsfelde für Gütertransporte und Warenverkehr wurde 1993 eingestellt. Wo die Strecke in Tegel einst verlief, soll ein „Schienenspaziergang“ mit Lars Molzberger vermitteln. Er beginnt um 12.30 Uhr an der Humboldt-Bibliothek, Karolinenstraße 19, und führt zum Steinbergpark.
Gaswerk-Geschichte. Von 1906 bis 1953 war das Städtische Gaswerk VI in Betrieb und eines der größten und modernsten des Kontinents. Allerdings führte der Betrieb zu einer starken Umweltbelastung, was bereits vor mehr als 70 Jahren zum Abschalten des Gaswerkes führte. Die Gaswerk-Geschichte rekapituliert Gunnar Bennemann ab 12.30 Uhr. Treffpunkt ist an der Berliner-/Ecke Namslaustraße.
Das Ausflugsziel. Seit 1891 sind Fahrgastschiffe auf dem Tegeler See unterwegs. Spätestens seither ist das Gewässer ein beliebtes Ausflugsziel. Allerdings war das Besucheraufkommen im Lauf der Zeit manchen Höhen und Tiefen unterworfen. Nicht nur darüber berichtet Manfred Bluhm ab 14 Uhr. Seine Informationen zur Ausflugsschifffahrt beginnen am Kanonenplatz am Ende der Greenwichpromenade.
Was der Friedhof erzählt. Der russische Friedhof an der Wittestraße 37 ist der einzige zivile russische Friedhof in Berlin. Gleichzeitig sind hier sehr viele Soldaten, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter begraben. Es finden sich hier auch die letzten Ruhestätten von Zaristen und Kommunisten sowie von zwei ukrainischen Botschaftern, als das Land nach dem Ersten Weltkrieg bereits kurzzeitig existierte. Meinhard Schröder weiht ab 16 Uhr die Teilnehmer seiner Führung in die Geheimnisse des Friedhofs ein.
Frauen im Widerstand. Auch viele Frauen haben in Tegel gegen das Naziregime gekämpft. Um sie geht es bei einem Spaziergang mit Gundula Schmidt-Graute von Frauentouren um 17.30 Uhr am U-Bahnhof Borsigwerke neben dem Borsigtor.
Außerhalb der Sonntage. Am Sonnabend, 25. Mai, hält Gunnar Bennemann im Rahmen der Geschichtssonntage einen Vortrag über die hingerichteten Widerstandskämpfer Hans und Hilde Coppi. Er findet ab 19.30 Uhr im Saal der Herz-Jesu-Kirche in der Brunowstraße 15 statt. Gast bei der Veranstaltung ist Hans Coppi junior, Sohn des Ehepaars. Am Freitag, 31. Mai, 10 Uhr gibt es die Möglichkeit einer Betriebsführung durch das Wasserwerk Tegel an der Bernauer Straße 140. Die Teilnahme ist kostenlos. Am Sonnabend, 1. Juni, 19.30 Uhr liest Autorin Bettina Kerwien aus ihrem Tegel-Krimi „Mitternachtsnotar“ in Kehrwieder 1.
Die Teilnahme an allen Veranstaltungen, bis auf die im Wasserwerk, kostet sechs, ermäßigt vier Euro und ist jeweils vor Ort fällig. Weiteres unter www.geschichtswerkstatttegel.worldpress.com.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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