Zwischen Himmel, Eismeer und Exil
Vor 130 Jahren wurde Fritz Loewe in Schöneberg geboren

1925 übernahm ein Mann die Leitung der Wissenschaftlichen Flugstelle des Preußischen Aeronautischen Observatoriums Lindenberg nahe dem brandenburgischen Beeskow, dessen Lebensweg so abenteuerlich wie tragisch verlaufen sollte: Dr. Fritz Loewe.

Loewe war Meteorologe, Glaziologe und Polarforscher, der sich nicht nur die Höhen der deutschen Wissenschaftsszene bewegte, sondern auch die lebensfeindlichen Weiten Grönlands erkunden half. Sein Beitrag zur Forschung ist auch heute noch bedeutsam – und doch wurde er 1934 wie so viele vor und nach ihm von den Nazis aus Deutschland getrieben.

Geboren am 11. März 1895 in Schöneberg, damals noch Landkreis Teltow, wächst Fritz Loewe in einer Zeit auf, in der die Wissenschaft sich rasant entwickelt. Sein Weg führt ihn an die Spitze der Meteorologie, die damals noch ein junges Forschungsfeld ist. So untersucht er die oberen Schichten der Atmosphäre, nutzt Flugzeuge für meteorologische Beobachtungen und ist an der Entwicklung und Anwendung von Messtechniken für Druck, Temperatur und Feuchtigkeit beim Flug beteiligt. 1928 tritt er dem Wetterdienst des Flughafens Tempelhof bei, wie es im Australian Dictionary of Biography heißt.

Grönland-Expedition im Jahr 1930

Das Observatorium in Lindenberg ist damals ein Leuchtturm der wissenschaftlichen Innovation. Loewe arbeitet an Modellen, die das Wetter vorhersagen sollen – eine Pionierarbeit, die ihn für Expeditionen unter extremen Bedingungen qualifiziert. Seine Expertise wird bald auf einer der gefährlichsten Missionen der Zeit gefragt sein: der Grönland-Expedition im Jahr 1930.

Unter der Leitung des berühmten Alfred Wegener bricht eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern und Forschern ein zweites Mal nach 1929 auf, um das grönländische Inlandeis zu erforschen. Fritz Loewe gehört zu ihren zentralen Akteuren. Seine Aufgabe dabei: meteorologische Messungen und die Untersuchung der Eisdicke.

Die Bedingungen in Grönland sind gnadenlos. Die Temperaturen sinken auf -50 Grad Celsius, und der Transport von Vorräten zur zentralen Station „Eismitte“ wird zur Überlebensfrage. Loewe bleibt nach Amputation aller erfrorenen Zehen monatelang auf der "Eismitte"-Station, um die Forschung fortzusetzen, während Wegener auf einem Versorgungsmarsch ebenso um Leben kommt wie sein Begleiter, der dänische Inuit Rasmus Villumsen. Loewe überlebt die Expedition und bringt wertvolle Daten zurück – ein wissenschaftlicher Erfolg, der jedoch von persönlicher Tragik überschattet ist.

Von den Nazis vertrieben

Nach seiner Rückkehr arbeitet Loewe zunächst weiter in Lindenberg, doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ändert sich alles. Wegen seiner jüdischen Herkunft wird er entlassen und ergreift die Chance, Deutschland rechtzeitig zu verlassen. Wie viele brillante Köpfe seiner Zeit sucht er Zuflucht im Ausland. Über Großbritannien gelangt Loewe mit seiner Familie in seine neue Heimat Australien. In Melbourne baut er die Glaziologie als Forschungsdisziplin auf und prägt die Wissenschaft über Jahrzehnte hinweg. Sein Wissen aus der Grönland-Expedition fließt in seine Arbeit ein. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützt er die australische Regierung als Meteorologe. Fritz Loewe stirbt am 1. Januar 1974 in Melbourne.

Heute erinnert kaum etwas an den Mann, der sowohl die Höhen der Atmosphäre als auch die eisigen Tiefen Grönlands erforschte.

Autor:

Uwe Lemm aus Mahlsdorf

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