Kein guter Ort für Flüchtlinge

Wie in alten Zeiten war die Flughafen-Haupthalle voller Menschen, die sich um das leere Gepäckband versammelten. | Foto: HDK
2Bilder
  • Wie in alten Zeiten war die Flughafen-Haupthalle voller Menschen, die sich um das leere Gepäckband versammelten.
  • Foto: HDK
  • hochgeladen von Horst-Dieter Keitel

Tempelhof. Der Senat will rund 7000 Flüchtlinge auf dem ehemaligen Flughafengelände unterbringen. Das gefällt vielen Berlinern nicht. Über 1400 Bürger fanden sich 21. Januar vor Ort in der Haupthalle ein, um mit Senats- und Bezirksvertretern die Pläne teils heftig zu diskutieren.

Die Polizei sicherte die Veranstaltung und ein Sicherheitsdienst kontrollierte am Eingang Taschen und Rucksäcke, Trinkflaschen waren verboten. Besonders stark war die Initiative „100 Prozent Tempelhof“ vertreten. Sie hatten Plakate und Transparente mit Aufschriften wie „Demokratie oder Diktatur?“, „Hände weg vom Volksentscheid“ oder „Integration statt Ghettos“ mitgebracht. Umweltstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) bemühte sich derweil zu versichern, dass die Änderung des Tempelhof-Gesetzes nicht die Aufhebung des Bauverbots, sondern nur „eine befristete Ausnahme vom Behausungsverbot“ bedeuten würde.

Wie auch immer, jedenfalls plant der Senat maximal 7000 Flüchtlinge in den Hangars und auf asphaltierten Flächen am Rande des Vorfelds unterzubringen. Außerdem sollen Hallen und Freiflächen für Verpflegung, Sport und Bildung errichtet werden. Als im Herbst täglich bis zu 1000 Asylbewerber in die Stadt kamen, habe man sich nicht anders helfen können als die Hangars zu nutzen, erklärte Staatsekretär Dieter Glietsch (SPD) und fügte hinzu, dass Tempelhof aber „kein Ort sei, an dem Flüchtlinge längere Zeit leben sollten“. „Längere Zeit“ ist ein dehnbarer Begriff. Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat entgegnete denn auch, dass die Hangar-Flüchtlinge bereits seit Oktober auf „zwei Quadratmeter pro Person, ohne Privatsphäre, ohne Perspektive“ leben.

Tosender Beifall, als Classen Tempelhof als „die größte, schlechteste und wahrscheinlich teuerste Flüchtlingsunterkunft in Berlin“ bezeichnete. Antje Kapek, Grünen-Fraktionschefin, hieb in die gleiche Kerbe und bezeichnete die Senatspläne als „reine Verzweiflungsstrategie“ und das Zusammenbringen von 7000 Menschen „auf so engem Raum“, als „Integrationsbremse“. Angelika Schöttler (SPD) sagte, dass sie als Bezirksbürgermeisterin zwar „nicht zwingend Entscheidungsträgerin“ sei und die grundsätzlichen Entscheidungen auf Senatsebene fallen, der Bezirk aber trotzdem an vielen Stellen Verantwortung trägt und dementsprechend auch Forderungen für eine Reihe von unabdingbaren Rahmenvoraussetzungen stellt“. Dazu zählt die Bürgermeisterin vor allem eine so kurz wie mögliche Verweildauer in den Hangars. „Die hier untergebrachten Menschen sollten so schnell wie möglich in neu eröffnete Einrichtungen umziehen. Dafür können dann neu angekommene Flüchtlinge in die Hangars einziehen.“ Die weitere Entwicklung bleibt offen. HDK

Wie in alten Zeiten war die Flughafen-Haupthalle voller Menschen, die sich um das leere Gepäckband versammelten. | Foto: HDK
Trotz klirrender Kälte protestierten Aktivisten von der Initiative „100 Prozent Tempelhof“ schon vor der eigentlichen Versammlung gegen das Senatshandeln. Foto: HDK | Foto: HDK
Autor:

Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 272× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 908× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 251× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.