Kein guter Ort für Flüchtlinge
Tempelhof. Der Senat will rund 7000 Flüchtlinge auf dem ehemaligen Flughafengelände unterbringen. Das gefällt vielen Berlinern nicht. Über 1400 Bürger fanden sich 21. Januar vor Ort in der Haupthalle ein, um mit Senats- und Bezirksvertretern die Pläne teils heftig zu diskutieren.
Die Polizei sicherte die Veranstaltung und ein Sicherheitsdienst kontrollierte am Eingang Taschen und Rucksäcke, Trinkflaschen waren verboten. Besonders stark war die Initiative „100 Prozent Tempelhof“ vertreten. Sie hatten Plakate und Transparente mit Aufschriften wie „Demokratie oder Diktatur?“, „Hände weg vom Volksentscheid“ oder „Integration statt Ghettos“ mitgebracht. Umweltstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) bemühte sich derweil zu versichern, dass die Änderung des Tempelhof-Gesetzes nicht die Aufhebung des Bauverbots, sondern nur „eine befristete Ausnahme vom Behausungsverbot“ bedeuten würde.
Wie auch immer, jedenfalls plant der Senat maximal 7000 Flüchtlinge in den Hangars und auf asphaltierten Flächen am Rande des Vorfelds unterzubringen. Außerdem sollen Hallen und Freiflächen für Verpflegung, Sport und Bildung errichtet werden. Als im Herbst täglich bis zu 1000 Asylbewerber in die Stadt kamen, habe man sich nicht anders helfen können als die Hangars zu nutzen, erklärte Staatsekretär Dieter Glietsch (SPD) und fügte hinzu, dass Tempelhof aber „kein Ort sei, an dem Flüchtlinge längere Zeit leben sollten“. „Längere Zeit“ ist ein dehnbarer Begriff. Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat entgegnete denn auch, dass die Hangar-Flüchtlinge bereits seit Oktober auf „zwei Quadratmeter pro Person, ohne Privatsphäre, ohne Perspektive“ leben.
Tosender Beifall, als Classen Tempelhof als „die größte, schlechteste und wahrscheinlich teuerste Flüchtlingsunterkunft in Berlin“ bezeichnete. Antje Kapek, Grünen-Fraktionschefin, hieb in die gleiche Kerbe und bezeichnete die Senatspläne als „reine Verzweiflungsstrategie“ und das Zusammenbringen von 7000 Menschen „auf so engem Raum“, als „Integrationsbremse“. Angelika Schöttler (SPD) sagte, dass sie als Bezirksbürgermeisterin zwar „nicht zwingend Entscheidungsträgerin“ sei und die grundsätzlichen Entscheidungen auf Senatsebene fallen, der Bezirk aber trotzdem an vielen Stellen Verantwortung trägt und dementsprechend auch Forderungen für eine Reihe von unabdingbaren Rahmenvoraussetzungen stellt“. Dazu zählt die Bürgermeisterin vor allem eine so kurz wie mögliche Verweildauer in den Hangars. „Die hier untergebrachten Menschen sollten so schnell wie möglich in neu eröffnete Einrichtungen umziehen. Dafür können dann neu angekommene Flüchtlinge in die Hangars einziehen.“ Die weitere Entwicklung bleibt offen. HDK
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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