Protest mit Kreide und Hula-Hoop-Reifen
Grundschulen wünschen sich temporäre Schulstraßen nach holländischem Vorbild

Mila, Lotta, Lilly, Mina und Ida (von links) fanden die Protestaktion sehr gut und werden darüber in der Schülerzeitung einen kleinen Bericht schreiben. | Foto:  Corina Niebuhr
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  • Mila, Lotta, Lilly, Mina und Ida (von links) fanden die Protestaktion sehr gut und werden darüber in der Schülerzeitung einen kleinen Bericht schreiben.
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Eine Initiative aus Eltern, Pädagogen und Verkehrsexperten will mit positiven Aktionen die Schulwege im Norden Tempelhofs sicherer machen. Nur über die Mobilitätswende zu reden, ist ihnen zu wenig. Sie wollen Maßnahmen ausprobieren, beispielsweise eine temporäre Schulstraße nach holländischem Vorbild.

Am 22. September feierte die Initiative mit über 100 Kindern deshalb frühmorgens ein kleines Protestfest direkt vor der Grundschule auf dem Tempelhofer Feld – mitten auf dem Schulenburgring zwischen Bayern- und Wolffring. Die Aktion war als Demonstration angemeldet und Höhepunkt einer von der Initiative veranstalteten Mobilitätswoche. Um 7.30 Uhr ging es los. Für eine Stunde verwandelte sich der mit Schultischen abgesperrte Bereich in null Komma nichts in eine Spielstraße. Ein DJ spielte Musik, die Erwachsenen tauschten Ideen aus und die Kinder schrieben mit Kreide ihre Wünsche auf den Asphalt, darunter mehrfach die Worte „keine Autos“. Das große Ziel der Initiative rund um die Mobilitätsinnovatorin Lieke Ypma ist es, den Schulenburgring nach holländischem Vorbild zur Schulstraße umzugestalten, was ein Pilotprojekt in Berlin wäre. Ypma bringt selbst täglich ihre zwei Kinder in die Grundschule vor Ort. Zu den Bring- und Holzeiten ließen viele Eltern immer noch ihre Kinder im Halteverbot direkt vor der Schule raus, was eigentlich verboten sei und oft für viel Hektik im Schulenburgring sorge, so Ypma. Teils entstünden so auch gefährliche Situationen, gerade für die Kinder und Eltern, die den Schulweg zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller zurücklegen. "Wir sehen schon lange, dass so ein Halteverbot nicht funktioniert, und es ist an der Zeit, endlich andere, weitaus bessere Maßnahmen auszuprobieren", sagt Lieke Ypma. Sie sieht die Schuld nicht unbedingt bei den Eltern, denn das Halteverbot wirke schlichtweg missverständlich, erklärt die Mobilitätsexpertin weiter: "Viele Eltern glauben, es sei extra dafür da, dass ihre Kinder aus- und einsteigen können."

Den Schulenburgring temporär immer zu den zentralen Bring- und Holzeiten zu sperren, wie bei dem Protestfest, hätte aus Sicht der Initiative mehrere Vorteile: Die mit dem Auto kommenden Eltern könnten viel entzerrter und nicht mehr an einem Ort konzentriert entlang des Wolffrings oder Bayernrings kurz halten und anschließend auch leichter abfahren oder drehen. Deren Kinder würden zumindest ein kleines Stück zu Fuß laufen, sie kämen also wacher an und könnten sich dann auch besser im Unterricht konzentrieren. Und der gesperrte Straßenbereich, in dem die rund 500 Schülerinnen und Schüler allein oder mit ihren Eltern eintreffen und sich teils ballen, biete weitaus mehr Platz zum Laufen oder Fahrradschieben als bloß die beiden Bürgersteige.

Vielerorts, beispielsweise in Wien, sperren Eltern jeden Morgen temporäre Schulstraßen selbst ab. Das wäre aus Sicht von Lieke Ypma auch in Tempelhof möglich, aber nicht die ideale Lösung, weil es aufwendig und zeitintensiv sei. "Es gibt bessere Lösungen, wie beispielsweise automatisch hoch- und runterfahrende Absperrpoller", sagt sie Jetzt hofft die Initiative, dass das neu zu wählende Bezirksamt mehr bewegen wird als das bisherige. Auch die Tempelherren-Grundschule in der Boelckestraße ist an einer temporären Schulstraße interessiert. Die positiven Mobilitätsaktionen werden im Norden Tempelhofs auf alle Fälle weitergehen. Die Initiative gibt ihr erarbeitetes Wissen auch gern an andere Schulen weiter.

Informationen gibt es unter www.sichere-wege-tempelhof.de.

Autor:

Corina Niebuhr aus Kreuzberg

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